DIE BÖRSENWOCHE

Der politische Stresstest kommt noch

von Redaktion

Nach dem Superwahljahr 2024 ist der Wahlkalender 2025 mit Ausnahme der vorgezogenen Bundestagswahl nur spärlich gefüllt. Die weltwirtschaftliche Entwicklung wird dennoch stark von politischen Entscheidungen, vor allem durch die neue Trump-Administration, und die Entwicklung in den geopolitischen Krisengebieten geprägt sein. Nicht zuletzt wegen der unkonventionellen Herangehensweise von US-Präsident Trump ist der Ausblick mit großer Unsicherheit versehen (für Europa überwiegend nach unten), was an den Finanzmärkten zu erhöhter Volatilität führen wird.

Die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur in den USA, sondern global wird von den Aktionen der Trump-Regierung besonders in der Migrations- und Zollpolitik geprägt werden. Auch wenn die Zölle in einigen Fällen durch „Deals“ abgewendet oder abgemildert werden, wird das jedoch nicht die Norm sein und es zu Gegenmaßnahmen in anderen Ländern kommen. Dadurch wird der globale Handel und die Konjunktur gebremst und zugleich der Inflationsdruck erhöht. Dies limitiert nicht nur für die Fed, sondern auch für die EZB den Lockerungsspielraum.

Diese Woche hat die EZB mit der vierten Zinssenkung in Folge die Erwartungen erneut erfüllt und signalisiert, dass weitere Schritte folgen. Für die ersten beiden Zinsentscheidungen des neuen Jahres sind nun an den Märkten folgerichtig jeweils 25 Basispunkte-Schritte eingepreist. Dann allerdings erwarten wir einen von den USA ausgelösten Handelskrieg, der auch die EU zu Zöllen gegenüber China zwingt. Im aktuellen Umfeld aus angespanntem Arbeitsmarkt und Lieferketten ist kaum vorstellbar, dass es nicht zu neuem, starkem Inflationsdruck im Euro-Raum kommt. Das würde weitere Zinssenkungen im zweiten Quartal 2025 verhindern und den Einlagesatz bei 2,5 Prozent einfrieren.

Ein übermäßiger Anstieg der Staatsverschuldung in den USA (und in Europa) könnte zu einem Anstieg der Risikoprämien führen, der auch die Finanzierungskosten für den Privatsektor in die Höhe treibt und Investitionen hemmt. Dank der Unterstützung durch steigende Realeinkommen, sinkende kurzfristige Finanzierungskosten und ein Konjunkturpaket in China, das zumindest positive Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft hat, erwarten wir insgesamt nur eine leichte Abschwächung der globalen Konjunktur. Die wirtschaftlichen, geopolitischen und strukturellen Rahmenbedingungen für die neue Bundesregierung sind alles andere als rosig und es gibt kaum Möglichkeiten, daran kurzfristig etwas zu ändern.

Umso wichtiger ist es, schnell die Weichen für eine mittelfristige Stärkung des Standorts Deutschland zu stellen. Die wichtigsten Punkte: Bürokratieabbau, Innovationsförderung, wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern, eine verlässliche Dekarbonisierungsstrategie und eine Modernisierung der Infrastruktur. Dies benötigt eine gezielte Anpassung der Schuldenbremse, die mit dem Einfrieren der Sozialausgaben für einige Jahre verknüpft werden sollte.

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