Geschmolzener Käse im Käsefondue. © Panthermedia
Olivenöl und Nüsse liefern viele gesundheitsförderliche Fettsäuren, Wurst und Speck eher nicht. Unterm Jahr versuchen viele Menschen, in Sachen Nahrungsfett zumindest eine grobe Richtung einzuhalten. In der Weihnachtszeit schlägt der innere Kompass jedoch gerne in die entgegengesetzte Richtung aus: je fetter, desto leckerer – besonders, wenn es sich um tierische Fette handelt, die in größeren Mengen gesundheitlich wenig vorteilhaft sind. Auf dem Weihnachtsmarkt munden Bratwürste und Schmalzgebackenes, beim Backen zu Hause kommt trotz hoher Preise reichlich Butter in Plätzchen und Stollen, und an den Feiertagen zählt der Gänsebraten weiterhin zu den beliebtesten Festspeisen. Gründe gibt es dafür wohl mehrere.
Weihnachten ist das traditionsstärkste Fest in unserem Kulturkreis. Viele kulinarische Genüsse sind unmittelbar mit schönen Kindheitserinnerungen und dem Gefühl von Verbundenheit verknüpft. Evolutionär betrachtet war fettes, kalorienreiches Essen ein Vorteil, um harte, kalte Winter zu überstehen. Heute geht es mehr um den Genuss als ums Überleben – und da macht sich Fett gut als Geschmacksträger.
Auf molekularer Ebene ist dieses Phänomen ziemlich komplex. Erst seit etwa zehn Jahren ist bekannt, dass die Zunge eigene Rezeptoren für die Wahrnehmung des Geschmacks von Fett besitzt. Kombiniert mit Süßem verstärken sich beide Geschmackswahrnehmungen gegenseitig. Entscheidender für das Geschmackserlebnis ist jedoch der Geruchssinn, der Aromen vielfältiger wahrnimmt als die Zunge. Viele Aromastoffe in unserer Nahrung sind gut fettlöslich – deshalb schmecken fette Speisen intensiver. Dazu kommt das cremig-sämige Mundgefühl von Fett, das wir als angenehm empfinden. Beim Warten auf das Raclettepfännchen oder beim genüsslichen Tunken im Käsefondue fragt sich auch mancher, warum geschmolzener Käse so viel besser schmeckt als kalter.
Es liegt an der Temperatur, die ebenfalls zum Geschmack beiträgt: Beim Erwärmen werden Aromaverbindungen leichter flüchtig und damit über den Geruchssinn besser wahrnehmbar. Das betrifft auch Aromen, die im kalten Zustand gar nicht sinnlich erfasst werden. Schweizer Forscher haben zudem herausgefunden, dass bestimmte Bitterstoffe, die im kalten Käse zu schmecken sind, im warmen Zustand quasi vom Fett geschluckt werden und nicht mehr wahrnehmbar sind. Die Experten aus der Heimat des Käsefondues betonen, wie wichtig die Schmelzbarkeit des Käses für die cremige Konsistenz ist. Das Schmelzverhalten hängt von Einflussfaktoren wie Fett- und Calciumgehalt, Reifezeit und PH-Wert ab. Empfehlenswert sind vor allem mithilfe von Lab hergestellte Schnittkäse mit mindestens sechs Monaten Reifezeit und einem Fettgehalt zwischen 45 und 52 Prozent in der Trockenmasse. Etwas Stärke und Säure helfen beim Schmelzen des Käses – deshalb kommt in ein Schweizer Käsefondue stets etwas mit Mehl angerührter Weißwein.
Generell ist Alkohol jedoch keine gute Verdauungshilfe für fettes Essen. Ein Schnaps entspannt zwar die Magenmuskulatur, verzögert jedoch die eigentliche Verdauung. Kräutertees mit Fenchel, Anis, Kümmel oder Pfefferminze wären da hilfreicher. Wer das unpassend findet, kann seine Verdauung auch mit einem Espresso in Schwung bringen und startet danach am besten zu einem ausgiebigen Spaziergang.
Wer sich Sorgen um über-flüssige Weihnachtspfunde macht, sollte sich Zeit nehmen, sein Essverhalten zu prüfen und zu überdenken: wer nur an den Weihnachtstagen üppig schlemmt und den Rest des Jahres keine Probleme hat, ausgewogen zu essen und sich ausgiebig zu bewegen, muss keine Langzeitfolgen fürchten. Wer sich im Alltag damit schwer tut, sollte sich individuelle, praxistaugliche Strategien zulegen: Ist etwa ein Weihnachtsmarktbesuch nach der Arbeit geplant, gibt es mittags im Büro nur einen Salat. Trifft man sich nachmittags zu Stollen und Plätzchen, genügt abends eine leichte Gemüsesuppe. So muss auf den Genuss kein schlechtes Gewissen folgen.