Mehr Energie vom Balkon

von Redaktion

Auch in oberen Stockwerken dürfen mittlerweile Standard-Module installiert werden, bis vor Kurzem galt noch eine Grenze von vier Metern. © Sven Hoppe/dpa

Solarkraftwerk aufstellen, Stecker in die Steckdose, schon fließt der Strom: Immer mehr deutsche Haushalte versorgen sich mit günstiger Energie vom eigenen Balkon – auch in Bayern. Laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur hat sich die Zahl der Balkonkraftwerke im vergangenen Jahr im Freistaat auf 119 000 verdoppelt. Im Bund stieg sie sogar von 430 000 auf 780 000 (siehe Grafik). Und das könnte erst der Anfang sein, glauben Branchenexperten. „Der Solarboom auf Deutschlands Balkonen könnte sich sogar noch verstärken“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, Carsten Körnig, und verweist auf fallende Preise und rechtliche Lockerungen.

■ Lockerungen erleichtern den Betrieb der Geräte

Tatsächlich hat die Ampel-Regierung viel getan, um den Betrieb der Balkonkraftwerke zu erleichtern. Heute dürfen Standard-Module auch in oberen Stockwerken von Gebäuden montiert werden, bis vor Kurzem hatte das Baurecht das verhindert. Die Mehrwertsteuer wurde 2023 gestrichen. Die Registrierung der Geräte im Marktstammregister der Bundesnetzagentur ist für größere Anlagen mit bis zu zwei Kilowatt Leistung seit Mai 2024 mit wenigen Klicks möglich, eine Abmeldung beim Netzbetreiber entfällt komplett. Die sogenannten Steckersolar-Anlagen dürfen mittlerweile auch einfache Schukostecker und übergangsweise auch alte Zähler verwenden, was nervige und teure Umbauten erspart. Zudem dürfen Vermieter und Hausgemeinschaften Balkonkraftwerke nur noch in absoluten Ausnahmefällen verbieten und verhindern.

■ Anlagen amortisieren sich nach wenigen Jahren

Ebenfalls zum Boom beigetragen haben die gefallenen Preise. Für ein 800-Watt-Komplettset mit Kabeln, Wechselrichter, zwei Modulen und Halterung sollte man laut ADAC derzeit rund 300 bis 700 Euro einplanen. Für Single-Haushalte reiche sogar ein 400-Watt-Gerät. Die Ausgaben würden sich je nach Ausrichtung und Leistungsfähigkeit der Anlage nach drei bis fünf Jahren amortisieren, rechnet der ADAC vor. Da die Anlagen 15 bis 20 Jahre halten können, gibt es danach Strom umsonst. Hinzu kommt, dass es oft Förderungen für den Kauf gibt – die allerdings von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausfallen. Die Stadt München übernimmt zum Beispiel bis zu 320 Euro oder die Hälfte der Kosten eines Balkonkraftwerks. Laut einer Übersicht auf der Webseite EFahrer.com boten zuletzt auch Städte und Kommunen wie Augsburg, Dießen, Ingolstadt, Moosburg, Peiting, Poing, Unterschleißheim und Weilheim Förderungen an. Eine Nachfrage in der Gemeinde kann sich also auszahlen. Doch auch ohne Zuschuss vom Staat lohnen sich die Anlagen in der Regel schnell.

■ Gerade im Winter gibt es häufig Schnäppchen

Wer sich ein Balkonkraftwerk anschaffen möchte, findet eine kleine Orientierung bei der Stiftung Warentest, die zuletzt im April Balkonkraftwerke getestet hat. Testsieger war dort das EPP Solar 830W für rund 500 Euro, das allerdings nicht mehr auf dem Markt ist. Den Nachfolger 880W gibt es im Moment jedoch stark reduziert für 229 Euro. Auch das Balkonkraftwerk 600W/800W von Absaar, das damals auf Platz 2 landete, ist momentan auf 500 Euro reduziert.

Gerade im sonnenarmen Winter sind bei Steckersolar-Geräten also durchaus Schnäppchen möglich. Im Bestfall erzeugten die Solaranlagen im Test genug Strom, um einen Kühlschrank, einen Fernseher, eine Klimaanlage und einen Internet-Router gleichzeitig zu betreiben und parallel ein E-Bike zu laden. Waren die Solarpanels jedoch im Schatten oder mit Vogelkot, Moos oder Laub verdreckt, sank die Leistung schnell. Manche Geräte störten mit elektromagnetischen Feldern zwar den Funkverkehr, an der elektrischen Sicherheit hatten die Tester dagegen nichts auszusetzen. Auch Unwetter können den Anlagen wenig anhaben.

■ Standort der Anlage ist entscheidend

Um Probleme zu vermeiden, sollte man vor dem Kauf den Vermieter oder die Hausgemeinschaft informieren, rät die Verbraucherzentrale. Gegebenenfalls sollte man sich auch über satzungsrechtliche Einschränkungen erkundigen, etwa Denkmalvorschriften in alten Gebäuden oder historischen Ortskernen. Ist einmal eine Anlage gekauft, entscheidet ihr Standort darüber, wie effizient sie arbeitet.

Optimal für ein Balkonkraftwerk sind laut ADAC und Verbraucherzentrale Balkone und Flächen in Südlagen, auf die fast den ganzen Tag die Sonne scheint. In einem Winkel von 30 bis 40 Grad fangen die Panele die meiste Sonne ein. Ein Speicher lohne sich wegen der hohen Kosten bisher so gut wie nie, sagt die Stiftung Warentest. Der überschüssige Strom wird dann allerdings an das Stromnetz verschenkt. Heißt: Je mehr des selbst erzeugten Stroms man auch wirklich selbst verbraucht, desto früher lohnt sich das Balkonkraftwerk.

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