Bei den Waffelblättchen der Aldi-Nord-Eigenmarke Biscotto. Hier wurde die Packungsgröße den Angaben nach halbiert, der Preis blieb gleich.
Bei der Duschcreme von Dove wird durch die Verpackung ein höherwertigeres Produkt vorgetäuscht. Die Füllmenge ist geringer, der Preis höher.
Beim Eis Cremissimo Bourbon Vanille verkleinerte Unilever den Inhalt von 1300 Milliliter auf 900 Milliliter. Macht 44 Prozent Preissteigerung.
Beim Tomaten-Gewürzsalz wurde der Inhalt von 150 auf 80 Gramm reduziert, gleichzeitig kostet das Produkt einen Euro mehr.
Unrühmlicher Sieger: Granini Trinkgenuss Orange. Der Fruchtsaftanteil schrumpfte von 100 auf 50 Prozent. „Den Rest füllt der Hersteller mit Zuckerwasser auf“, erklären die Verbraucherschützer. Der Preis für das Getränk blieb gleich. © Verbraucherzentrale
Der Inhalt schrumpft, der Preis bleibt gleich oder steigt sogar: Die Verbraucherzentrale Hamburg sucht alljährlich die „Mogelpackung des Jahres“. Aus fünf Kandidaten konnten Verbraucher auswählen und damit den Schmähpreis für die dreisteste versteckte Preiserhöhung vergeben. Der Gewinner: Das Getränk Granini Trinkgenuss Orange.
Fast die Hälfte der mehr als 32 000 Verbraucher stimmten dafür, Granini den Negativpreis zu verleihen. Der Hersteller Eckes-Granini hatte im Frühjahr 2024 die Rezeptur verändert: Die Menge des Orangensaftes pro Flasche wurde halbiert und durch Zuckerwasser ersetzt, der Verkaufspreis blieb gleich. Das entspreche einer Verdopplung des Preises, kritisierte die Verbraucherzentrale.
Das Etikett der Flasche von Granini Trinkgenuss Orange sei nahezu unverändert, ein Hinweis auf die neue Zusammensetzung der Zutaten fehle. Lediglich die Angabe „100 Prozent Fruchtsaft“ fehle auf der Banderole.
■ Das sagt der Hersteller
Das Unternehmen erklärte die veränderte Rezeptur mit Ernteausfällen bei Orangen und infolgedessen gestiegenen Preisen für Orangensaft. „Qualität, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit haben ihren Preis und dieser wird in Zukunft weiter steigen“, teilte Eckes-Granini am Mittwoch mit. Der Orangennektar sei als neues Produkt auf den Markt gebracht worden. Dem Vorwurf, dabei nicht transparent gewesen zu sein, widersprach der Hersteller: Zutaten, Inhaltsstoffe und Füllgröße seien auf dem „Produktetikett transparent aufgeführt und kenntlich gemacht“.
■ Transparenz gefordert
Es sei nachvollziehbar, dass Unternehmen versuchten, höhere Kosten an Verbraucher weiterzugeben, erklärte indes Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Doch schrumpfende Füllmengen und der Verzicht auf wertvolle Zutaten seien der falsche Weg. „Statt Shrink- und Skimpflation brauchen wir mehr Preisklarheit und -wahrheit.“ Der Gesetzgeber müsse Verbraucherinnen und Verbraucher „endlich besser vor den Mogeleien der Unternehmen schützen“, forderte er. Kunden fühlten sich durch fehlende Transparenz getäuscht.
■ Fünf Kandidaten
Die Verbraucherzentrale Hamburg lässt jährlich online über die „Mogelpackung des Jahres“ abstimmen. Dieses Mal beteiligten sich 32 441 Verbraucherinnen und Verbraucher, deutlich mehr als im vergangenen Jahr, wie die Verbraucherzentrale mitteilte.
Zur Auswahl standen fünf Kandidaten. Auf Platz zwei landete den Angaben zufolge ein Tomaten-Gewürzsalz von Lebensbaum, auf Platz drei das Vanilleeis von Cremissimo, auf Platz vier eine Duschcreme von Dove und auf Platz fünf Waffelblättchen von Biscotto.
Tomaten-Gewürzsalz von Lebensbaum: Beim Tomaten-Gewürzsalz wurde der Inhalt laut den Verbraucherschützern von 150 auf 80 Gramm reduziert, gleichzeitig kostet das Produkt einen Euro mehr. Das sei eine Preiserhöhung von 150 Prozent, kritisierte die Verbraucherzentrale. Zusätzlich täusche die große Verpackung mehr Inhalt vor.
Cremissimo Burbon Vanille von Unilever: Unilever verkleinerte die Packung seiner Cremissimo Bourbon Vanille von 1300 Milliliter auf 900 Milliliter. Weil das Dessert unverändert viel kostet, spricht die Verbraucherzentrale von einer versteckten Preiserhöhung um 44 Prozent. Im Sommer erklärte Unilever die kleinere Verpackung mit der steigenden Nachfrage bei Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Preise seien im gesamten Produktsortiment angepasst worden, hieß es damals. Grund seien Rezepturverbesserungen und die Verwendung nachhaltiger Rohstoffe.
Waffelblättchen von Aldi Nord: Verdoppelt hat sich demnach auch der Preis für Waffelblättchen der Aldi-Nord-Eigenmarke Biscotto. Hier wurde die Packungsgröße den Angaben nach halbiert, der Preis blieb gleich. Aldi erklärte den Schritt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP mit „exorbitant“ gestiegenen Kakaopreisen. Die Waffelblättchen bestehen demnach zu 82 Prozent aus Schokolade, Aldi sah sich daher „gezwungen, die Preise anzupassen“. Die Packungsgröße habe das Unternehmen „sichtbar verkleinert“.
Duschcreme Dove von Unilever: Bei der Duschcreme von Dove handelt es sich laut Verbraucherzentrale auf den ersten Blick um eine neues, höherwertiges Produkt. Die Inhaltsstoffe blieben verglichen mit der alten Pflegedusche aber „fast identisch“. Das Produkt entpuppe sich daher als „alter Wein in neuen Schläuchen“ und koste bei geringerer Füllmenge mehr als zuvor.
Unilever, auch Hersteller der Dove-Produkte, gab an, Rückmeldungen zu „Produkten sehr ernst“ zu nehmen. Die Duschcreme sei Teil einer neuen „Premium-Produktreihe“, die sich durch eine „patentierte Formulierung“ und eine „innovative Flaschenform“ auszeichne. Das Produkt hebe sich „klar von der vorherigen“ Pflegedusche ab.
■ 67 versteckte Erhöhungen
Insgesamt waren laut der Verbraucherzentrale Hamburg im vergangenen Jahr 67 Produkte von versteckten Preiserhöhungen betroffen – weniger als im Vorjahr mit 104 Produkten.
Die durchschnittliche Preiserhöhung allerdings sei deutlich höher gewesen: 2023 betrug sie 23,5 Prozent, im vergangenen Jahr waren es 31,5 Prozent.
COM, DPA