Solche Schilder findet man in Ballungsräumen wie München selten. Da lohnt sich eher der Blick aufs schwarze Brett im Supermarkt, wo sich gelegentlich Angebote finden, zum Beispiel zum Wohnungstausch. © Ralf Hirschberger, dpa, Michaela Stache
Wenn ich eine Wohnung brauche, wo suche ich am besten? Im Internet, der Zeitung oder am Laternenpfahl?
Grundsätzlich würde ich versuchen, das große Rennen zu vermeiden. Also: Bei den großen Internetportalen muss einem klar sein, dass man da eine Nummer unter Tausenden ist. Kleinere Dinge haben da größeren Charme.
Was zum Beispiel?
Aushänge. „Zu vermieten“-Schilder an den Objekten oder auch Aushänge am schwarzen Brett im Supermarkt. Ich gebe zu, das gibt es eher selten, ist aber vielversprechend, wenn man so etwas findet.
Und wenn nicht?
Ich würde auf jeden Fall versuchen, bei allen denkbaren Hausverwaltungen und vor allem Wohnungsgenossenschaften auf den Wartelisten zu stehen. Wohnungsgenossenschaften sind in Ballungsräumen wirklich eine gute Sache, sicher und günstig vom Preisniveau her, auch wenn die Warteliste lang ist. Ich sage übrigens auch Maklern immer, wenn ich vor ihnen Vorträge halte: Meidet Marketing-Kanäle, wo Ihr viele Interessenten generiert, arbeitet lieber mit Interessentenlisten. Es ist nämlich auch für Immobilienunternehmen kein schöner Zustand, wenn man eine einzige Immobilien anzubieten hat und sich über ein Portal hundert Leute mit hundert Einzelschicksalen darauf melden – und man denen dann absagen muss.
Auch wer in der Zeitung inseriert, muss sich nicht mit einer Unzahl von Bewerbern auseinandersetzen wie vielleicht bei einer Internet-Anzeige.
Stimmt, auch die Zeitung ist ein guter Weg.
Wenn ich nun bei einer Hausverwaltung vorstellig werden will, wie gehe ich das an? Reicht meine Visitenkarte oder soll ich gleich eine Bewerbung einreichen?
Ich würde den Mittelweg wählen. Ein nettes einseitiges Anschreiben genügt, oder eine entsprechende E-Mail. Man weiß ja nicht, ob etwas frei ist. Ob sich da schnell was tut oder überhaupt was tut, ist fraglich, man sollte also Realist sein.
Was kann man noch versuchen?
Natürlich fragt man im Freundes- und Kollegenkreis herum, ob jemand etwas weiß. Auch WhatsApp-Gruppen können etwas bringen – Beziehungsmarketing auf gut Deutsch.
Und wenn alles nichts bringt?
Dann würde ich den Radius meiner Suche erweitern. Das heißt, man muss auch Kompromisse eingehen, was den Stadtteil angeht oder die Größe der Wohnung. Aber es lohnt sich auch nach wie vor, sich außerhalb Münchens umzusehen. Je weiter man entlang der S-Bahn-Äste raus geht, umso mehr dämpft sich die Miete. Allerdings: Leider nicht so stark wie die Kaufpreise.
Dazu kommt die Fahrtzeit.
Genau. Das muss man sich gut überlegen und unbedingt auch ausprobieren. Also den Arbeitsweg zu der Zeit testen, zu der man auch normalerweise ins Büro fahren würde. Zwar hat das Homeoffice für viele einen weiteren Weg zum Arbeitsplatz ermöglicht – realistisch sind etwa 1,5 Stunden einfache Strecke, wenn man nur einmal in der Woche persönlich im Büro erscheinen muss. Bei so einem Radius wird es dann wirklich günstiger. Aber Vorsicht: Viele Arbeitgeber kassieren nach und nach die großzügigen Regelungen zum Homeoffice aus der Corona-Zeit. Auch wie teuer das Deutschlandticket im nächsten oder übernächsten Jahr wird, weiß niemand genau.
Wie lang ist denn eine erträgliche Fahrtzeit, wenn ich die Strecke öfter fahren muss?
Das kommt ganz drauf an. Zum einen, ob ich während der Fahrt sitzen und mit dem Laptop etwas Sinnvolles tun kann. Oder darauf, ob ich umsteigen muss und damit regelmäßig Verspätungen und verpasste Anschlüsse riskiere. Gut ist, öfter mal auf der Bahn-App zu prüfen, wie pünktlich die Züge auf der Strecke sind.
Gut. Sagen wir, ich habe ein Angebot gefunden, das mich interessiert. Wie gehe ich vor und wie mache ich von Anfang an einen guten Eindruck?
Ich empfehle, den Erstkontakt per E-Mail herzustellen.
Vielleicht gleich mit einer Firmen-E-Mail-Adresse, damit der Vermieter gleich sieht, dass man einen vernünftigen Job hat?
Ach, ich weiß nicht. Es reicht vermutlich, wenn im Anschreiben steht, dass man einer Berufstätigkeit nachgeht. Man muss sich ja nur in die andere Partei hineinversetzen, was will so ein Vermieter wissen? Er will wissen, dass der Bewerber die Miete bezahlen kann und das auch pünktlich tut, dass er keinen Ärger im Haus bekommt und er will keine hohe Fluktuation.
Was schreibe ich noch in die Mail?
Wenn Sie einer sozialen Tätigkeit nachgehen, also bei der Freiwilligen Feuerwehr, der Kirchengemeinde oder als Fußballtrainer, würde ich auch das hineinschreiben. Das hebt Sie aus Menge heraus und bleibt vielleicht im Gedächtnis: Ach, der freiwillige Feuerwehrmann. Also, man kann sich ruhig etwas beschreiben, aber bitte keinen Lebenslauf abschicken. Es sollte ein etwas persönlich gehaltener Brief sein, wie er im Geschäftsleben üblich ist. Am besten ohne Rechtschreibfehler und in höflichem Ton.
Mit Foto?
Ja. Da bekommt das Gegenüber gleich eine Vorstellung, das schadet nicht.
Wir haben einen Termin zur Besichtigung. Wie bereite ich mich da vor, was ziehe ich an?
Vernünftige Kleidung sollte schon sein. Dazu sollte man eine Selbstauskunft dabei haben. Gut ist auch ein Schreiben vom aktuellen Vermieter, dem zu entnehmen ist, dass der Bewerber seine Miete immer bezahlt hat. Alles, was beim Vermieter die Sicherheit erhöht, dass er sein Geld bekommt, ist hilfreich. Aber bitte keine Kontoauszüge der letzten fünf Jahre. Vorsicht auch bei Angeboten auf Internetportalen wie „Mieter-Plus“.
Was ist das?
Ein Angebot, dass Sie als Bewerber angeblich in der Vermietergunst nach vorne bringt. Für 90 Euro im Quartal. Das ist ziemlich zweifelhaft, so etwas würde ich lassen, und ich frage mich auch, ob große Immobilienportale das nötig haben, hier noch abzukassieren.
Wie bleibe ich gut in Erinnerung?
Man sollte schon sein Interesse bekunden und durchaus ein paar Fragen stellen. Aber man sollte sich natürlich benehmen und nicht versuchen, um jeden Preis gefallen zu wollen.
Bei welche Fragen bin ich nicht verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, wenn der Vermieter fragt?
Bei so höchstpersönlichen Themen wie Familienplanung, Krankheiten, sexuelle Orientierung und der politischen Gesinnung. Ich glaube aber nicht, dass nach diesen Themen sehr häufig gefragt wird. Ein berechtigtes Interesse hat der Vermieter meiner Ansicht nach zu wissen, ob die Miete bezahlt werden kann und wie viele und welche Personen in die Wohnung einziehen wollen.
Nach der Besichtigung will ich die Wohnung haben. Wann kann ich mich wieder beim Makler oder der Hausverwaltung melden, ohne dass ich sie nerve?
Gleich am nächsten Tag fände ich zu früh, aber drei Tage danach kann man schon mal nachfragen.
Am Ende hat es mit der Wohnung nicht geklappt. Wie kann ich dennoch einen Vorteil aus dem ganzen Prozedere ziehen?
Ich würde durchaus dranbleiben, etwa indem ich versuche, meine Unterlagen dazulassen, falls demnächst wieder eine Wohnung frei wird. Das sind halt so Restchancen. Aber auch die sollte man nutzen. Gerade bei Hausverwaltungen kann das etwas bringen, wenn man einen netten Kontakt hatte und in guter Erinnerung ist.