Was Fluggästen bevorsteht

von Redaktion

Der Flughafen Hamburg wurde schon am Sonntag bestreikt, fast alle Flüge fielen aus. Die Folge: volle Bahnsteige, weil Reisende versuchten, auf Züge umzustiegen. © Georg Wendt/dpa

Mehr als 500 000 Menschen werden ihre Flugreise am Montag nicht wie geplant antreten können: Die Gewerkschaft Verdi hat zu einem 24 Stunden dauernden Warnstreik an 13 deutschen Flughäfen aufgerufen, darunter Deutschlands größte in Frankfurt am Main und München. Bereits am Sonntag ging am Flughafen Hamburg nichts mehr. Dort gab es einen kurzfristig angekündigten Warnstreik. Was Reisende wissen sollten.

Wo und wann wird gestreikt?

Am heutigen Montag von 0.00 bis 23.59 Uhr sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste an folgenden Flughäfen zum Warnstreik aufgerufen: München, Stuttgart, Frankfurt, Köln/Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin-Brandenburg und Leipzig-Halle. Außerdem ruft Verdi in einem anderen Tarifkonflikt zeitgleich dazu auch das Luftsicherheitspersonal zum Warnstreik auf. Dieser Aufruf gilt zusätzlich auch an den Flughäfen Weeze bei Düsseldorf und Karlsruhe/Baden-Baden. Der Hamburger Flughafen wurde zusätzlich bereits am Sonntag lahmgelegt. Die Gewerkschaft hatte den Beginn des Ausstands erst 30 Minuten vorher angekündigt, um mehr Wirkung zu erzielen. Es konnten nur etwa zehn Flüge stattfinden.

Wie groß sind die Auswirkungen?

Groß: Der Flugverkehr wird in weiten Teilen des Landes zum Erliegen kommen. Nach einer ersten Schätzung des Flughafenverbands ADV fallen voraussichtlich mehr als 3400 Flüge aus, rund 510 000 Passagiere können ihre Reisen gar nicht antreten oder zumindest nicht wie geplant. ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel spricht in Bezug auf die Streiks im öffentlichen Dienst von einem Horrorszenario für Fluggäste. „Elf Standorte gleichzeitig zu bestreiken, hat eine neue Dimension.“ Die Warnstreiks hätten „weitreichende Folgen für die individuelle Mobilität und die Wirtschaftsabläufe“. Der Flughafen München warnt auf seiner Webseite vor „erheblichen Einschränkungen des Passagierverkehrs“. Man arbeite an Sonderflugplänen, über die sich Fluggäste bei ihrer Airline informieren sollen. Dort erfahren Kunden auch, ob ihre Flüge annulliert sind oder stattfinden.

Welche Rechte haben Fluggäste?

Bei streikbedingtem Flugausfall oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Fluggesellschaft Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten. Oft werden sie automatisch auf einen anderen Flug umgebucht. Oder die Airline bietet an, das Flugticket in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln. Das passiert vor allem bei gestrichenen Flügen innerhalb Deutschlands. Hängen Passagiere streikbedingt länger am Flughafen fest, müssen Fluggesellschaften Betreuungsleistungen erbringen, etwa in Form von Gastronomiegutscheinen für Getränke und Snacks vor Ort.

Bekommt man auch sein Geld zurück?

Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden am Zielort sowie kurzfristigen Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen von 250 bis 600 Euro pro Passagier vor. Ob Passagiere diese Gelder bei Flugproblemen infolge eines Warnstreiks einfordern können, hängt vereinfacht gesagt davon ab, wer konkret streikt. Sind wie am Montag Teile des Flughafenpersonals in einem Warnstreik, sind die Aussichten auf Entschädigungen eher schlecht. Anders kann der Fall liegen, wenn Mitarbeitende einer Airline streiken. Der Anspruch auf Ersatzbeförderung besteht in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagieren auch eine Entschädigungszahlung zusteht.

Warum liegt fast der ganze Flugbetrieb lahm?

Bei den einst kommunalen Flughafenbetreibern wird noch ein größerer Teil des Personals nach den Tarifregeln des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Auch für die Bodenverkehrsdienste wird parallel ein Branchentarifvertrag verhandelt. Zwar sind nicht alle Beschäftigten an Flughäfen im öffentlichen Dienst. Allerdings ist das stark arbeitsteilige System eines Flughafens anfällig bei Arbeitsniederlegungen, weil sämtliche Einheiten nur in enger Zusammenarbeit den sicheren Betrieb gewährleisten können. Fällt eine Gruppe aus, steht der gesamte Betrieb.

Was wollen die Streikenden?

Die Gewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen unter anderem acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber monatlich 350 Euro mehr sowie drei zusätzliche freie Tage.

Und was will die Gegenseite?

Den kommunalen Arbeitgebern ist das zu teuer, sie stören sich zudem an den freien Tagen. Die Kernforderungen würden für die Kommunen Mehrkosten von rund elf Prozent bedeuten oder jährlich fast 15 Milliarden Euro, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Niklas Benrath. Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gelten auch für Krankenhäuser, Kitas oder die Müllabfuhr. Ein konkretes Angebot haben die Arbeitgeber bisher nicht vorgelegt.

Drohen nach Montag weitere Streiks?

In einzelnen Bundesländern werden verschiedene Branchen teils auch nach Montag bestreikt. Am 14. März verhandeln die Tarifparteien dann weiter. Nach dem Willen der Arbeitgeber soll diese Verhandlungsrunde eine „tragfähige Lösung“ bringen. Einigen sich die Parteien, wäre erst mal Schluss mit den Warnstreiks. Ob das gelingt, ist offen.

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