Der Weg zum fairen Lohn

von Redaktion

Kriegen Kollegen mehr als ich? Das fragen sich die meisten Arbeitnehmer früher oder später in ihrem Berufsleben. © Klaus-Dietmar Gabbert, dpa

Gerecht für die geleistete Arbeit bezahlt werden, das wollen alle. Doch viele wissen nicht, wie sie ihr Gehalt realistisch einordnen und was sie tun können, wenn es weit unter dem Durchschnitt liegt. Fragen und Antworten.

Welche Faktoren beeinflussen das Gehalt?

„Verschiedene individuelle Faktoren spielen für die Entlohnung eine Rolle“, sagt Julia Lang, Mitarbeiterin beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Dazu zählen Ausbildung, Qualifikationen und Berufserfahrung. Aber auch Faktoren wie die Branchenzugehörigkeit sowie die Position innerhalb eines Unternehmens beeinflussen das Gehalt.

Wo kann man Gehaltsdaten recherchieren?

Vergleichsgehälter kann man über den Betriebsrat oder über Gewerkschaften erfragen. Im Internet gibt es zudem Vergleichsportale wie etwa StepStone, Glassdoor oder Kununu. Allerdings: „Bei Vergleichsportalen ist das Problem, dass sie oft auf Daten beruhen, die von Datenbanknutzern selber eingegeben wurden“, sagt IAB-Experte Hermann Gartner. Es seien keine repräsentativen Erhebungen. „Damit ist auch schwer einzuschätzen, wie zuverlässig die Angaben sind.“

Daneben gibt es wichtige repräsentative Datenquellen wie den Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit oder den WSI-Lohnspiegel. Die wohl bekannteste Quelle ist das Statistische Bundesamt. Die letzte Erhebung dort stammt aus dem April 2024. Demnach lag das deutsche Durchschnittsgehalt bei 59 094 Euro brutto im Jahr, höher waren die Gehälter etwa in der IT und der Industrie, niedriger im Gesundheitsbereich oder im Bau (siehe Tabelle). Doch Vorsicht: Zum einen beziehen sich die Gehälter auf das Jahr 2023 und seither gab es in vielen Branchen Lohnsteigerungen. Zum anderen umfassen die Gruppen unterschiedliche Qualifikationen. So fließen etwa im Bereich Gesundheit und Soziales sowohl die Löhne von Ärzten als auch von Pflegekräften ein. Wer sein Vergleichsgehalt relativ genau wissen will, kann auf der Webseite des Statistischen Bundesamts Beruf, Branche, Alter und andere Daten in einen interaktiven Gehaltsrechner eingeben (www.bit.ly/gehalt2025).

Was, wenn das Gehalt wirklich zu niedrig ist?

In dem Fall bietet sich ein Gehaltsgespräch mit dem Arbeitgeber an. „Wichtig ist, dass man dieses Gespräch sehr gut vorbereitet“, so Ute Gietzen-Wieland, Business-Coach aus Bielefeld. Ein Appell an Gerechtigkeit sei dabei wenig zielführend. Besser sei es, Argumente zu sammeln und vorzutragen, die für eine Erhöhung sprechen. Also besondere Leistungen oder Zusatzverantwortung nennen, auf absolvierte Weiterbildungen verweisen oder berufliche Erfolge auflisten. Zeigt sich die Führungskraft für eine Gehaltserhöhung nicht offen, können Betroffene in einem größeren Unternehmen über einen internen Wechsel auf einen Posten nachdenken, der besser bezahlt ist. Auch ein Wechsel zu einem anderen Unternehmen kann gegebenenfalls eine Option sein.

Was, wenn ein Kollege mehr verdient?

„Beschäftigte dürfen durchaus wissen, was ihre Kolleginnen und Kollegen verdienen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und verweist auf das Entgelttransparenzgesetz. Prinzipiell könne man der Führungskraft auch sagen, dass ein bestimmter Kollege für die gleiche Arbeit mehr verdient und das unfair ist. Einen Rechtsanspruch aufs gleiche Gehalt habe man aber nur in Ausnahmefällen. „Ein solcher Fall ist etwa eine offensichtliche Geschlechterdiskriminierung“, so Oberthür.

Ute Gietzen-Wieland empfiehlt, in der Personalabteilung zunächst ohne Nennung des konkreten Grundes nach Kriterien zu fragen, von denen die Höhe des Gehalts abhängt, und danach zu prüfen, ob das eine bessere Bezahlung des Kollegen rechtfertigt. Dann könne man überlegen, ob man den Arbeitgeber überzeugt, das eigene Gehalt hochzusetzen – oder ob man gegen eine Ungleichbehandlung doch juristisch vorgehen kann.

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