Extra-Vitamine überflüssig

von Redaktion

Kinder fangen sich schnell etwas ein. Manche Eltern setzen auf diverse Mittelchen, um die Abwehrkräfte zu stärken. Doch von den meisten ist abzuraten. © serezniy, panthermedia

Immunabwehr und Leistungsfähigkeit stärken: Diese Hoffnung heften viele Eltern an Nahrungsergänzungsmittel für Kinder. Dabei sind die vor allem ein Geschäft mit der Angst, so die Stiftung Warentest.

■ Bunte Bilder locken Kinder und Eltern

Kleine Vitamin-Booster, die wie Gummibärchen oder Autos aussehen: Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln wissen genau, wie sie Kinder – und auch ihre Eltern – ansprechen können. Und so landet manches Mittel im Einkaufskorb, an das Eltern die Hoffnung knüpfen, den Nachwuchs so vor Infekten zu bewahren oder dessen Konzentrationsfähigkeit zu stärken. Ganz nach dem Motto: Wenn das Kind doch gefühlt alle gesunden Lebensmittel verweigert, kann das doch nicht schaden, oder?

18 Nahrungsergänzungsmittel speziell für Kinder hat sich die Stiftung Warentest genau angeschaut (test-Ausgabe 4/2025). Dabei prüften sie unter anderem, ob die Mittel die wissenschaftlich empfohlenen Mengen für Kinder einhalten. Grundlage waren die Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Erkenntnisse der Warentester:

■ Normale Ernährung reicht meist völlig

„Überflüssig sind alle“, heißt es von der Stiftung Warentest. So zeigten Studien, dass gesunde Kinder hierzulande über die Nahrung gut mit Vitaminen und Nährstoffen versorgt seien. Nachhelfen ist da nicht nötig. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen der Stiftung Warentest, kritisiert zudem, dass in der Kombination der Nährstoffe oft keine Logik erkennbar sei.

■ Vitaminprodukte viel zu hoch dosiert

Bei 15 von 18 Produkten fiel den Warentestern auf, dass einzelne Inhaltsstoffe zu hoch dosiert sind. Von fünf Mitteln raten die Warentester sogar stark ab.

„Die getesteten Produkte von Centrum, Doppelherz, Easyvit und Hübner enthalten Vitamin A in Mengen, die sogar den empohlenen Höchstwert für Erwachsende überschreiten. Kinder sollten besser gar kein Vitamin A in dieser Form einnehmen. Wir raten von den Produkten stark ab“, sagt Brackemann.

Auch ein beliebtes Nahrungsergänzungsmittel von Orthomol fällt bei den Testern durch. Es enthält Kupfer, das Kinder nicht zusätzlich einnehmen sollten. Auch von diesem Produkt rät die Stiftung Warentest stark ab.

„Immer wieder werben Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln mit fragwürdigen und nicht zugelassenen Gesundheitsversprechen“, kritisierte auch die Lebensmittel-Expertin des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Sabrina Göddertz. Sie forderte verbindliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe, die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigen. „Notwendig ist auch eine rechtliche Klarstellung, dass Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich nicht für Säuglinge und Kleinkinder geeignet sind“, erklärte Göddertz.

■ Mittel gehen ordentlich ins Geld

Einige Nahrungsergänzungsmittel kosten pro Tagesration nur wenige Cent, andere gehen ganz schön ins Geld: Das teuerste Präparat in der Untersuchung kostet 1,60 Euro pro Tag. Wollen Eltern ihr Kind über ein gesamtes Jahr damit versorgen, kommen fast 600 Euro zusammen.

Für Hersteller sind die Nahrungsergänzungsmittel für den Nachwuchs ein durchaus lukratives Geschäft, mit dem sie auf die Angst von Eltern setzen, aber wissenschaftliche Empfehlungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ignorieren, so Brackemann.

■ Nährstoffmangel ärztlich abklären

Doch was, wenn Eltern tatsächlich Sorge haben, dass der Nachwuchs nicht gut genug mit bestimmten Nährstoffen versorgt sein könnte? Darauf können andauernde Müdigkeit, eine geringere Belastbarkeit oder eine Gewichtsabnahme des Kindes hindeuten.

Dann gilt, so die Warentester: Nahrungsergänzungsmittel nicht auf eigene Faust geben, sondern Beschwerden in der Kinderarztpraxis abklären lassen. Durch einen Bluttest lässt sich bestimmen, ob das Kind tatsächlich einen Mangel hat. Mit Arzt oder Ärztin können Eltern dann besprechen, wie das Problem zu beheben ist.

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