Kinder machen Lärm. Das führt oft zu Klagen vor Gerichten. © Imago
In Miethäusern liegen die Wohnungen dicht beeinander. Auch in Eigenheimsiedlungen ist der Nachbarsgarten mit Hüpfburg und Planschbecken meist nicht weit. Kinderlärm ist etwas Alltägliches und muss im Normalfall geduldet werden. Doch unendlich muss die Nachsicht lärmgeplagter Anwohner nicht sein. Sechs Urteile zum Thema.
■ Trittschall-Standard reicht
Eine Mieterin kann vom Vermieter nicht verlangen, für einen besseren Trittschallschutz zu sorgen, unter anderem, um den von der über ihr gelegenen Wohnung ausgehenden Kinderlärm einzudämmen. Entspricht der Trittschallschutz aktuell immer noch den Anforderungen, die zum Zeitpunkt des Baujahres (hier war das im Jahr 1962) galten, so reiche das aus. Für die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen komme es auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes an. Sonst könne ein Mieter immer dann, wenn sich Bauvorschriften ändern, einen Anspruch auf umfassende Baumaßnahmen geltend machen (AmG Berlin-Wedding, 16 C 301/21).
■ Lärm durch Grundschule
Eine Wohnhaus-Eigentümerin kann nicht gegen einen Bebauungsplan vorgehen, der die Umgestaltung nahe gelegener Sportflächen zu einer Grundschule vorsieht. Hat die Stadt bei der Standortwahl alle Vor- und Nachteile der vorhandenen Flächen (auch an anderen Orten innerhalb der Stadtgrenzen) „ermittelt und einander gegenübergestellt“ und sich „sachlich begründet“ für den Standort in der Nähe des Hauses der Frau entschieden, so sei das zu akzeptieren. Eine unzumutbare Lärmbelästigung sei nicht zu erwarten. Von Grundschulen gehen grundsätzlich keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ aus. Lautäußerungen spielender Kinder seien regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmen (OVG Niedersachsen, 1 KN 16/21).
■ Tischtennis ist zu dulden
Fühlt sich eine Hauseigentümerin vom Lärm gestört, der von einem benachbarten Spielplatz ausgeht – insbesondere von der Tischtennisplatte, die nicht nur von Kindern, sondern auch von Jugendlichen und Erwachsenen genutzt werde –, so kann sie nicht durchsetzen, dass die Tischtennisplatte abgebaut wird. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Geräusche sozialadäquat seien. Der Lärm, der von spielenden Menschen ausgeht, sei zu dulden. Es handele sich dabei nicht um eine schädliche Umwelteinwirkung (VwG Trier, 9 K 1721/23).
■ Keine Preisminderung
Ein Ehepaar, das behauptet, im Speisesaal des Schiffs, mit dem sie eine Donaukreuzfahrt macht, bei den Mahlzeiten ununterbrochen von „herumkrakeelenden“ Kindern gestört worden zu sein, kann dafür keine nachträgliche Reisepreisminderung vom Veranstalter der Kreuzfahrt verlangen. Zwar stellte sich heraus, dass tatsächlich Kinder während der Mahlzeiten ihre Faxen gemacht hatten. Das Amtsgericht Rostock sah darin jedoch keinen Reisemangel. Es habe lediglich ein kindlich sozialadäquates Verhalten vorgelegen, das hinzunehmen sei. Kein Reisender könne ernsthaft erwarten, dass Kinder sich stets ruhig und gesittet verhalten. Der kindliche Bewegungsdrang sowie das Spielen und Herumtollen sei unvermeidbar mit Lärm verbunden. Dies gelte auch für kindgemäßes Essverhalten, das „nicht den üblichen Tischmanieren entspricht“ (AmG Rostock, 47 C 278/19).
■ Nachtruhe um 22 Uhr
Hat ein Mieter bereits mehrfach Abmahnungen kassiert, weil seine Kinder nach 22 Uhr regelmäßig laut schreien, brüllen und Türen knallen, so ist eine fristgerechte Kündigung des Mietvertrages gerechtfertigt. Das gelte jedenfalls dann, wenn die direkten Nachbarn durch diese Ruhestörungen erheblich beeinträchtigt werden. Die mietvertraglichen Pflichten seien grob verletzt, da die Mieter das nachbarliche Rücksichtnahmegebot „nicht interessierte“ – trotz der mehrfachen Ermahnungen (LG Berlin, 65 S 104/21).
■ Nicht alles ist erlaubt
Stehen Frequenz, Lautstärke und Zeiten der Lärmentfaltung in einer vermieteten Eigentumswohnung nicht mehr im Zusammenhang mit einer adäquaten Wohnnutzung und einer „hinzunehmenden lebhaften Lebensäußerung von Kindern“, so kann die Eigentümergemeinschaft unter Androhung eines Ordnungsgeldes die Familie gerichtlich dazu zwingen, die in der Hausordnung festgesetzten Ruhezeiten einzuhalten. Das gelte jedenfalls dann, wenn es auch in der Ruhezeit immer wieder zu lautem Geschrei, Springen und Getrampel sowie Seilspringen in der Wohnung und das Herumfahren mit Kinderfahrrad und Roller im Hausflur kommt. Das geht über das hinaus, was bei Kindern üblicherweise hingenommen werden müsse (AmG München, 281 C 17481/16).