INTERVIEW

„Haftpflicht ist Pflicht“

von Redaktion

Welche Versicherungen Rentner wirklich brauchen

Schutz für Familie und Haus sind vielen Menschen wichtig. Doch nicht jede Versicherungspolice ist sinnvoll und zahlt sich aus. © rfphoto/Panthermedia

Versicherungen sollen existenzbedrohende Risiken absichern. Doch was braucht man eigentlich, wenn das Berufsleben schon vorbei ist? Das haben wir Hava Misimi gefragt. Sie ist freie Versicherungsmaklerin in München und hat den deutschsprachigen Ratgeber „Better safe than sorry“ geschrieben, der jetzt im Goldmann-Verlag erschienen ist.

Frau Misimi, welche Versicherung sollte wirklich jeder haben?

Viele Menschen haben Ereignisse versichert, die sehr wahrscheinlich sind. Eine Zahnzusatzversicherung zum Beispiel, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass man zum Zahnarzt geht. Um zu entscheiden, welche Versicherung man wirklich braucht, muss man sich aber fragen: Welchen Schaden kann ich finanziell alleine nicht mehr tragen? Und diese Fälle sollte man auf jeden Fall abdecken. Schäden, die man tragen kann, aber nicht will, kann man optional absichern.

Was ist das konkret?

Die Haftpflichtversicherung sollte wirklich jeder haben. Die schützt vor Personen- und Sachschäden, die man anderen zufügt. Gerade wenn jemand bleibende Schäden zurückbehält, haftet der Verursacher dafür in Millionenhöhe. Gleichzeitig wehrt die Haftpflicht meist unberechtigte Schadensersatzforderungen ab.

Wie hoch sollte die Haftpflicht abgesichert sein?

Mindestens 50 Millionen Euro für Personen- und Sachschäden. Wenn deliktunfähige Kinder im Haus sind, sollten die auch dabei sein.

Im Alter braucht man oft Hilfe. Reicht die gesetzliche Pflegeversicherung?

Oftmals nicht. Wenn ich beispielsweise Pflegegrad vier habe, zahlt die Versicherung aktuell maximal 1775 Euro monatlich. Bei Pflegegrad vier ist man aber oft schon auf stationäre Pflege angewiesen, und das kostet schnell 4000 Euro. Und wenn ich das von meiner Rente nicht tragen kann, macht es Sinn, eine Pflegezusatz- oder eine Pflegetageversicherung abzuschließen. Damit schützt man zum einen die eigenen Ersparnisse und Immobilien, aber auch seine Kinder. Die müssen ab einem Bruttoeinkommen von 100 000 Euro im Jahr die Pflege mittragen.

Welche Optionen gibt es?

Eine gute Möglichkeit ist das Pflege-Bahr, eine staatlich geförderte Pflegeversicherung. Die kann jeder abschließen, ohne Gesundheitsfragen beantworten zu müssen. Die Leistungen sind zwar gedeckelt, es ist aber eine gute Möglichkeit, um überhaupt eine Pflegeversicherung zu bekommen. Darüber hinaus gibt es die privaten Pflegezusatzversicherungen. Da hat man bei den Leistungen mehr Gestaltungsspielraum, muss aber die Gesundheitsfragen beantworten.

Man kann diverse gesundheitliche Probleme versichern. Gibt es Dinge, die für jeden Sinn machen?

Die meisten Dinge deckt die Krankenversicherung ohnehin ab. Wenn man sagt, man will trotzdem eine Versicherung für die Zähne oder eine Brille, sollte man sich schon mit 40 oder 50 Gedanken machen, weil die Beiträge dann viel niedriger sind. Gerade im höheren Alter kann es dann oft Sinn machen, eher auf Rücklagen zurückzugreifen.

Für viele ist die Immobilie die Altersvorsorge. Wie sollte man sie schützen?

Eine Wohngebäudeversicherung ist keine Pflicht, außer man finanziert die Immobilie gerade. Sie macht aber absolut Sinn. Dazu braucht man auch eine Elementarschadenversicherung, um Fälle wie Starkregen abzudecken. Wichtig dabei ist zu sagen: Schäden durch Grundwasser sind oft nicht automatisch mitversichert. Und ich würde eine Hausratversicherung abschließen. Gerade wenn man wertvollen Hausrat und Kunstschätze hat.

Braucht es eine Unfallversicherung?

Das kann sinnvoll sein, gerade wenn man keine Pflegeversicherung hat. Die Wahrscheinlichkeit für Unfälle steigt im Alter. Wenn man sich etwa bei einem Sturz die Hüfte bricht, kann man die ausgezahlte Summe nutzen, um das Haus rollstuhlgerecht umzubauen.

Wie sinnvoll ist eine Sterbegeldversicherung?

Bei einer Beerdigung kann man inzwischen schnell mit Kosten von 10 000 Euro rechnen. Es macht Sinn, das zu versichern, wenn man sagt, dass die Kinder das nicht bezahlen können. Auch wenn man genug vererbt, muss man bedenken, dass das Geld auf dem Konto nicht sofort verfügbar ist, das kann auch mal einen Monat dauern. Da hilft aber auch das Gespräch mit den Angehörigen.

Gibt es wirklich unsinnige Versicherungen?

Handyversicherungen leisten oft gar nicht für die Fälle, für die man sie eigentlich bräuchte. Selbstverschulden zum Beispiel. Oder eine Insassenunfallversicherung. Die ist schon bei der normalen Kfz-Haftpflichtversicherung dabei. Oder eine Hochzeitsversicherung, falls ein Teil des Brautpaars nicht vor dem Altar erscheint. Darüber sollte man davor schon mal gesprochen haben.

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