In den Unternehmen bleibt die Unsicherheit wegen der Handelsbeschränkungen im Hinterkopf.
Der Tenor für die Finanzmärkte wurde zum zurückliegenden Wochenstart gesetzt: Die beidseitig überzogen hohen Zölle zwischen den USA und China wurden für 90 Tage ausgesetzt. Beim härtesten Zollkonflikt wurde nun also auch die Verhandlungstür geöffnet. Da frohlockten die US-Aktienmärkte, und zwar stärker als hier in Europa, wo die 90-Tage-Aussetzung der „reziproken US-Zölle“ schon vorher begonnen hatte. In den vergangenen Tagen wehten auch einige Konjunkturindikatoren manche Sorgen fort. Die befragten Finanzmarktanalysten ließen die ZEW-Konjunkturerwartungen in Euroland und auch in Deutschland merklich ansteigen. Besser als erwartete Zuwächse des Bruttoinlandsprodukts im Vereinigten Königreich und in Norwegen wurden wohlwollend zur Kenntnis genommen.
Diese Momentaufnahme verflogener Konjunktursorgen zeigte sich in besonderem Maße an den Zinsmärkten. Denn Zinssenkungserwartungen an die US-Notenbank Fed und an die Europäische Zentralbank wurden zurückgenommen. Sowohl bei den Bundesanleihen als auch bei den US-Staatsanleihen erhöhten sich im Wochenvergleich die Renditen um rund zehn Basispunkte. Die gesamte Zinsstrukturkurve verschob sich nach oben. An den Staatsanleihemärkten rückte allerdings das Verschuldungsthema wieder in den Fokus.
In Europa geht es vorrangig um die absehbar kräftig zunehmenden Verteidigungsausgaben. Es ist wahrscheinlich, dass beim Ende Juni stattfindenden Nato-Gipfel eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung verabschiedet wird. Ein frischer finanzpolitischer Blick richtet sich auf den nächsten US-Haushaltsplan. Darin sind nicht gegenfinanzierte Steuersenkungen im Umfang von 4000 Milliarden US-Dollar über die kommenden zehn Jahre enthalten. Grundsätzlich ist die Sensibilität der Kapitalmärkte gegenüber ausufernder Staatsverschuldung gestiegen.
Aktien blieben gefragt und der Dax erreichte ein neues Rekordhoch. Es war eine gute Berichtssaison der Dax-Konzerne für das erste Quartal, vor allem, wenn man die anhaltende Schwäche des Automobilsektors berücksichtigt. Rund zwei Drittel der Unternehmen haben mit positiven Gewinnüberraschungen aufgewartet. Grundsätzlich gilt derzeit für Unternehmensberichte: Der Blick nach vorne war und bleibt wichtiger als der zurück. Hier steckt die Unsicherheit der US-Zollkonflikte freilich im Hinterkopf. Aus makroökonomischer Sicht gibt es bei manchen Konjunkturdaten sogenannte Vorzieheffekte, Stimmungsindikatoren können sich aktuell wieder etwas erholen und bei den Inflationsdaten arbeiten sich Zolleffekte erst sukzessive in die Preise hinein. Dies ist bei den anstehenden Konjunkturdaten wie der chinesischen Industrieproduktion, den Einkaufsmanagerindizes in Euroland und dem Ifo-Geschäftsklima zu beachten.