Die Politik der US-Regierung unter Präsident Donald Trump kann man vorsichtig gesagt als unkonventionell bezeichnen. Das war grundsätzlich erwartbar, denn Trump möchte „anders“ sein, vor allem im Vergleich mit dem bisherigen politischen Establishment. Das ist nicht grundsätzlich schlecht. Wenn neue Wege beschritten werden, können sich bisher nicht ausreichend vorhandene Lösungsansätze für politische oder wirtschaftliche Herausforderungen ergeben.
Allerdings kommt es auf die Art und Weise an. Eine wesentliche Nebenwirkung des neuen politischen, teils erratischen und schwer kalkulierbaren Stils in den USA ist eine enorm gestiegene Unsicherheit. Damit reduziert sich die Planungssicherheit von Unternehmen und Analysten. Viele Prognosen zu künftigen Umsatz- und Gewinnentwicklungen oder zu volkswirtschaftlichen und Kapitalmarktperspektiven stehen heute unter dem Vorbehalt möglicher politischer Kehrtwenden – entweder direkt aus den USA oder resultierend aus Gegenmaßnahmen anderer Volkswirtschaften im Zuge eskalierender Handelskonflikte. Diese Verunsicherung rüttelt an einigen jahrzehntelang geltenden Grundfesten der Kapitalmärkte. Es geht um die Frage, ob die USA auch künftig der Stabilitätsanker der Weltwirtschaft und der internationalen Börsen sein werden.
Der Dollar wertete während der zollpolitisch induzierten Kursturbulenzen Anfang April jedenfalls deutlich ab – eine sehr ungewöhnliche Entwicklung, denn bisher fungierte die US-Währung in Krisenzeiten als „sicherer Hafen“ der Kapitalanlage und legte zumeist zu. In diesem Fall suchten Anleger Sicherheit in anderen Krisenwährungen wie Gold. Für eine Schwächung des Dollar und steigende Edelmetallnotierungen sorgte zuletzt auch die Zustimmung des Repräsentantenhauses zu den von Trump initiierten Steuersenkungen, deren Folge eine weitere Ausweitung der ohnehin sehr hohen US-Staatsschulden sein werden. Zudem senkte die Rating-Agentur Moody`s die Bonitätseinschätzung der USA als Schuldner. Entsprechend stiegen Renditen für US-Staatsanleihen und verteuern den Schuldendienst zusätzlich.
Die Umschichtung internationalen Anlagekapitals aus den USA zeigt sich auch an außergewöhnlichen Entwicklungen an den Börsen. Während der deutsche Aktienindex Dax mit knapp 20 Prozent Plus im bisherigen Jahresverlauf auf einem Allzeithoch notiert, liegen US-Aktien des S&P 500 im Minus. Dabei spielt angesichts absehbarer staatlicher Investitionen und möglicher Strukturreformen sicher auch ein zuversichtlicherer Blick auf Europa eine Rolle. Und es ist nicht sicher, ob diese außergewöhnliche Diskrepanz anhält, denn für US-Aktien werden immer noch höhere Gewinnzuwächse erwartet. Soll der amerikanische Kapitalmarkt aber wieder attraktiv für die Welt werden, braucht es auch eine höhere Berechenbarkeit vonseiten der US-Regierung.