DIE BÖRSENWOCHE

Wenn Aktienmärkte verrückt spielen

von Redaktion

Der deutsche Aktienmarkt läuft und läuft. Gemessen an den jüngsten Höchstständen des Dax 40 sollte die deutsche Wirtschaft boomen. Tut sie aber nicht, im Gegenteil. Ein Konzept für ernsthafte wirtschaftliche Reformen ist nicht in Sicht und bei den aktuellen Energiepreisen, Bürokratiekosten etc. sieht die Zukunft düster aus.

Aber wer daraus ableiten möchte, dass der Aktienmarkt verrückt spielt, der sollte sich lieber die Bewertung des E-Autobauers Tesla ansehen. Diese Aktie steht zwar weit unter ihren Höchstkursen, aber das Unternehmen ist an der Börse immer noch mit 860 Milliarden US-Dollar bewertet und spielt damit in einer eigenen Liga. Im Vergleich dazu sind Wettbewerber wie BYD mit 121 Milliarden Dollar, VW mit 46 Milliarden oder General Motors mit 43 Milliarden Dollar deutlich weniger wert. Das ist insofern erstaunlich, als dass Tesla seine Führungsrolle bei E-Autos längst verspielt hat. Die Rückgänge bei den Fahrzeugverkäufen in Europa sind dramatisch, insbesondere in Großbritannien und Deutschland. Im April sanken die Neuzulassungen in beiden Ländern auf den niedrigsten Stand seit über zwei Jahren. In Deutschland wurden nur noch 885 Tesla-Fahrzeuge verkauft, was einem Rückgang von über 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. In Großbritannien gingen die Verkäufe im selben Monat von 1352 auf 512 Fahrzeuge zurück.

Parallel zu den schlechten Verkaufszahlen ist die Elektromobilitätsbranche insgesamt allerdings gewachsen: In Deutschland stiegen die Verkäufe von Elektrofahrzeugen im April um 53,5 Prozent und in Großbritannien um 8,1 Prozent. Besonders Volkswagen und chinesische Hersteller wie BYD verzeichnen dabei enorme Zuwächse. Man kann jetzt damit argumentieren, dass die wahre Zukunft von Tesla im Bereich selbstfahrender Taxis oder Roboter liegt. Aber das rechtfertigt beim besten Willen nicht die jetzige Unternehmensbewertung, da auch in diesen beiden Feldern die Konkurrenz technologisch enteilt zu sein scheint.

Betrachtet man die Unternehmenszahlen und -entwicklungen in der Vergangenheit ganz nüchtern, dann muss man lange suchen, um eine vergleichbar optimistische Bewertung eines Unternehmens zu finden, die nicht im Desaster geendet hätte. Bleibt der Glaube an Elon Musk, der trotz aller politischer Kritik an seiner Person zu Recht als Technikgenie gefeiert wird. Oder aber man wendet sich doch dem Dax zu. Das teuerste Unternehmen hier ist SAP mit 360 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung.

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