EZB entspannt, Fed nicht

von Redaktion

In New York steht die Federal Reserve unter Druck. © Imago

Jerome Powell, der Chef der Fed, muss fast täglich neue Attacken von US-Präsident Trump erdulden und erhält Forderungen für Zinssenkungen. Sein europäisches Pendant, Christine Lagarde, die Chefin der EZB, konnte hingegen diese Woche am Ende ihrer Pressekonferenz den Marktteilnehmern eine ruhige und erholsame Sommerzeit wünschen. Zuvor hatte der EZB-Rat erwartungsgemäß die Leitzinsen erstmals im Jahr 2025 konstant gehalten. Der geldpolitisch wichtige Einlagesatz liegt damit weiterhin bei 2,0 Prozent und die geldpolitische Ausrichtung des „Warten und Beobachten“ bleibt unverändert. Dabei ist die Inflation trotz aller politischen Risiken auf Zielniveau und die Wirtschaft im Euroraum auf Wachstumskurs. Letzteres wurde diese Woche durch Unternehmensumfragen bestätigt. So sind die Einkaufsmanager-Indizes für den Euro-Raum im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor gestiegen und auch der ifo-Index hat sich etwas weiter nach oben bewegt, wenn auch die Analysten-Erwartungen nicht ganz erfüllt wurden.

Wie der Einbruch der Gewinne europäischer Autobauer im abgelaufenen Quartal jedoch zeigt, bleiben die Risiken für die Wirtschaft aufgrund der Trumpschen Zollpolitik hoch. Auch wenn sich die EU, ähnlich wie zuvor Japan, mit den USA vor dem 1. August auf Grundzüge eines Zollabkommens einigen dürfte, wird das Thema Zölle und das unsicherere geopolitische Umfeld die Märkte immer wieder einholen. Wie die jüngsten US-Zollpläne gegenüber Brasilien verdeutlicht haben, setzt Trump Zölle bewusst als politisches Instrument ein. Daher dürfte es auch im Vorfeld der nächsten Deadlines wieder turbulent werden. Am 12. August endet die Phase der reduzierten Zölle gegenüber China, und am 2. September läuft das 50-Tage-Ultimatum an Russland zum Ende des Ukraine-Kriegs aus. Dann drohen Sanktionen gegenüber Staaten, die weiterhin Handel mit Russland betreiben. Unter diesen Staaten befinden sich neben China, Indien und der Türkei auch die EU, die noch immer Gaslieferungen aus Russland erhält.

Auch der oben erwähnte Druck der Trump-Administration auf die Fed dürfte anhalten. Wir gehen davon aus, dass Jay Powell weder von Trump entlassen wird noch vorzeitig zurücktritt. Im Umfeld von (zollbedingt) hohem Inflationsdruck und dem Ausbleiben einer drastischen wirtschaftlichen Abkühlung in den USA dürfte die Fed die Zinsen daher in diesem Jahr unverändert lassen. Dies steht den Markterwartungen von zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr entgegen. Eine Korrektur dieser Erwartungen dürfte in den kommenden Monaten den US-Dollar stützen. Ebenfalls Dollarstärkend dürfte sich die durch den Genius-Act verbesserten Konditionen für Dollar-Stablecoins auswirken. Mit dem Näherrücken der Zinssenkungen im kommenden Jahr und weiteren Maßnahmen zur Einschränkung der Unabhängigkeit der Fed aber dürfte sich die Talfahrt des Dollars gegenüber dem Euro 2026 beschleunigt fortsetzen.

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