DIE BÖRSENWOCHE

Inflation verliert Einfluss

von Redaktion

An den Kapitalmärkten spielt die Inflation in der Eurozone derzeit nur eine untergeordnete Rolle, nachdem die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (2 Prozent) auch im Juli erreicht wurde. Im Vergleich zum Vorjahr stark gesunkene Energiepreise dämpfen den Anstieg der Verbraucherpreise. Hinzu kommt der seit Jahresanfang aufgewertete Euro, der den Einkauf von in US-Dollar gehandelten Rohstoffen und Vorleistungen an den Weltmärkten für europäische Unternehmen günstiger macht.

Trotzdem fiel das Wachstum in der Eurozone im zweiten Quartal mit nur 0,1 Prozent deutlich schwächer aus als am Jahresanfang, denn insbesondere die Unsicherheit durch eskalierende Handelskonflikte und die bereits feststehenden Zollanhebungen durch die US-Regierung sorgten für eine verhaltene Nachfrage nach Investitionen und Konsumgütern bzw. Dienstleistungen.

Dynamischer entwickelte sich die Teuerung mit 2,7 Prozent im Juli in den USA. Die Kernrate der Inflation – ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel – wurde mit 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr höher als im Juni vermeldet. Zunehmende Sorgen bereitete der mit 0,9 Prozent allein im Juli überraschend hoch ausgefallene Anstieg der Erzeugerpreise (+3,3 Prozent vs. Vorjahr), der als Vorlaufindikator für die Inflation gilt. Denn steigende Produktionskosten werden von Unternehmen in der Regel auf die Endverbraucherpreise übertragen, um Gewinnmargen stabil zu halten. Parallel werden Zweifel an der Unabhängigkeit der künftigen Geldpolitik durch andauernde Kritik der Trump-Regierung am Präsidenten der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, weiter genährt. Sollten Zinsen trotz hoher Inflation politisch induziert sinken, wäre ein anhaltend schwacher Dollar wahrscheinlich. Denn der Erhalt der Kaufkraft des angelegten Kapitals in Form eines Inflationsausgleichs wäre durch verzinsliche Dollaranlagen nur noch schwer möglich.

Unternehmensgewinne und Aktienmarktnotierungen in den USA könnten hingegen aufgrund niedrigerer Refinanzierungskonditionen und teilweise verbesserter Exportchancen kurzfristig profitieren. Mittel- bis langfristig dürfte diese Perspektive aber durch die negativen Auswirkungen des neuen politischen Kurses kompensiert werden. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts USA leidet zweifellos unter der Unberechenbarkeit und der immer stärkeren politischen Einflussnahme der Regierung auf Unternehmen, Geldpolitik und Justiz – zumal klar erkennbar persönliche Interessen und das Recht des Stärkeren zum maßgeblichen Faktor für wirtschaftlichen Erfolg werden.

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