Kopfprämie für Handgepäck

von Redaktion

Ryanair spannt Flugbegleiter ein – Verbraucherzentralen klagen

Lieber nochmal nachmessen: Zu schweres und zu großes Handgepäck kann teuer werden – vor allem bei Billig-Airlines. © Tobias Hase, dpa

Der Streit ums Handgepäck geht in die nächste Runde: Während Verbraucherschützer Airlines zur kostenlosen Mitnahme von Kabinenkoffern zwingen wollen, setzt Ryanair-Chef Micheal O`Leary sogar ein Kopfgeld auf übergroße Gepäckstücke aus. Der Streit selbst ist wahrscheinlich so alt, wie Online-Vergleichsportale für Flüge. Denn um im direkten Vergleich mit der Konkurrenz günstig zu wirken, haben besonders die Billig-Airlines begonnen, alles bis auf den Sitzplatz aus dem Ticketpreis zu streichen – und als kostenpflichtiges Extra anzubieten. Ryanair-Chef O´Leary hatte in diesem Zusammenhang schon laut über Stehplätze nachgedacht. Selbst die Lufthansa – dem Selbstverständnis nach eine Premium-Airline – bietet für die Vergleichsportale abgespeckte „Light“-Tarife ohne Aufgabegepäck an.

Ergebnis der günstigen Ticketpreise sind teils sehr hohe Gebühren für jene Gepäckstücke, die über ein kleines Handgepäck hinausgehen. Denn das müssen die Airlines kostenlos mitnehmen. Um zu verhindern, dass die Passagiere die Gebühren mit üppigem Handgepäck umgehen, haben die meisten Billig-Airlines strenge Regeln, was Größe und Gewicht angeht.

Ryanair geht dabei am weitesten: Die Airline bietet Mitarbeitern, die nicht-regelkonforme Taschen und Koffer entdecken, bekommen pro Meldung 1,50 Euro. Denn die bringen Ryanair Einnahmen durch gesalzene Aufpreise. Insgesamt verdient Ryanair laut der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ pro Jahr 3,5 Milliarden Euro nur durch Gepäckgebühren. Das Kopfgeld will O´Leary jetzt sogar erhöhen: Es sollen bald 2,50 Euro pro Gepäckstück sein.

Ryanair begründet die auch für deutsche Starts geltende Maßnahme mit schnelleren Prozessen. Sämtliches Handgepäck muss vor dem Start sicher in der Kabine verstaut sein. Bei einem erhöhten Aufkommen kann es zu kostenträchtigen Verzögerungen kommen. Denn die oft günstigen Ryanair-Preise lassen sich nur durch extreme Kosteneffizienz realisieren.

Gewerkschafter fürchten dagegen, dass die strengen Regeln auf das Bordpersonal zurückfallen werden: „Sie verderben die Stimmung schon vor dem Start, wenn man ohnehin gestresste Passagiere angeht“, sagte Joachim Vazquez Bürger, Chef der deutschen Flugbegleitergewerkschaft Ufo. „Man schafft sich seine ,unruly passengers‘ selbst.“ Darunter werden Passagiere verstanden, die durch unangemessenes Verhalten die Sicherheit des Fluges gefährden.

Mit hohen Gebühren sind die Iren nicht allein: Europäische Verbraucherschützer haben herausgefunden, dass für dazugebuchte Kabinenkoffer zwischen sechs und 75 Euro fällig werden.

Die rigiden Handgepäcksregeln sind vor allem ein Thema der Billig-Airlines, die nur auf Direktverbindungen unterwegs sind. Bei Lufthansa wie auch bei anderen Netz-Airlines sind Tasche und kleiner Koffer im Ticketpreis inbegriffen, weil man für die vielen Umsteiger keinen Unterschied machen will zur Langstrecke.

Klage für mehr Handgepäck

Der ewige Streit ums Handgepäck ist im August auch vor hohen Gerichten gelandet. Gemeinsam mit europäischen Partnern streitet der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) dafür, dass Flugpassagiere kostenfrei mehr Handgepäck in die Kabine mitbringen dürfen als bislang.

Im Kern geht es um die Frage, wie groß „angemessenes Handgepäck“ sein darf, denn die einschlägigen EU-Vorschriften bleiben in diesem Punkt unbestimmt. Die Antworten fallen je nach Perspektive unterschiedlich aus. Europas größter Billigflieger Ryanair lässt beispielsweise nur eine kleine Tasche zu, Außenmaße höchstens 40x30x20 Zentimeter. Alles Weitere kostet. Besonders teuer wird es für Kunden, wenn sie dies erst am Gate bemerken.

Die Verbraucherschützer wollen Airlines jetzt dazu zwingen, zusätzlich einen Kabinenkoffer mit dem vom Airline-Weltverband IATA empfohlenen Außenmaß von 115 Zentimetern (bspw. 55x40x20) zu akzeptieren. Typische Rollkoffer in dieser Größe werden schon seit Jahren als Kabinengepäck verkauft.MATTHIAS SCHNEIDER

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