Je mehr Eigenkapital man mitbringt, desto günstiger wird es. In Notfällen kann die Vollfinanzierung trotzdem sinnvoll sein, so die Stiftung Warentest. © Iuliia Zavalishina/Imago
Angesichts der hohen Immobilienpreise ist das Eigenheim selbst für junge Menschen mit solidem Einkommen in weite Ferne gerückt. Das gilt vor allem, wenn das nötige Eigenkapital fehlt. Banken und Vermittler werben in dieser Situation mit sogenannten Vollfinanzierungen: Kredite, die den gesamten Kaufpreis abdecken. Was wie eine einfache Lösung klingt, birgt jedoch erhebliche finanzielle Risiken. Stiftung Warentest hat die Konditionen von Vollfinanzierungen verglichen und erklärt, wie sie zur teuren Wette auf die Zukunft werden kann (“Finanz”-Heft 10/2025).
■ Höhere Kreditkosten
Eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt deutlich: Wer eine Immobilie ohne Eigenkapital finanziert, muss tiefer in die Tasche greifen. Dafür haben die Tester Angebote für Kredite über 400 000 Euro eingeholt. Für eine 100-Prozent-Finanzierung mit 15 Jahren Zinsbindung verlangten Banken durchschnittlich 4,51 Prozent Effektivzins – rund 0,5 Prozentpunkte mehr als bei einer klassischen 80-Prozent-Finanzierung. Das klingt nach wenig, bedeutet aber hohe Zusatzkosten, da die Zinsen auf das gesamte Darlehen anfallen.
Um den Effekt zu verdeutlichen, haben die Tester die Kreditkosten der letzten zehn Prozent ermittelt. Für diese 40 000 Euro, verlangen Banken im Schnitt knapp acht Prozent Zinsen. Das entspricht bei zwei Prozent Tilgung fast 36 000 Euro Mehrkosten bis zum Ende der Zinsbindung. Wer irgendwie kann, sollte also zumindest die letzten zehn Prozent aus eigenen Mitteln aufbringen. Die Stiftung Warentest bietet unter test.de/rechner-grenzzinsen einen kostenlosen Rechner zum Kalkulieren an.
■ Hohe Monatsraten
Auch die monatlichen Raten sind bei Vollfinanzierungen deutlich höher, als bei der klassischen 80-Prozent-Variante. Selbst das günstigste Angebot im Test – eine Vollfinanzierung mit zehn Jahren Zinsbindung – verursachte eine Monatsrate von rund 1877 Euro für die 400 000-Euro-Wohnung. Bei 20 Jahren Zinsbindung sind es günstigstenfalls 2053 Euro im Monat. Die Stiftung rät, dass ein Immobilienkredit höchstens 40 Prozent des monatlichen Nettohaushaltseinkommens verschlingen sollte. Selbst für das günstigste Angebot bräuchte es also ein Nettoeinkommen von 5100 Euro im Monat. Dazu kommen Kosten wie Instandhaltung und Grundsteuer.
■ Die 110-Prozent-Falle
Besonders riskant sind sogenannte All-inclusive-Darlehen. Diese decken nicht nur den Kaufpreis, sondern auch die Kaufnebenkosten wie Notar, Grundbuch, Makler und Grunderwerbsteuer ab. Die Kreditsumme liegt dann bei 110 Prozent des Immobilienwerts – und die Zinsen entsprechend höher. Das große Risiko sind Notfälle: Sollten die Schuldner die Wohnung bereits nach wenigen Jahren verkaufen müssen, können sie den Kredit im Optimalfall durch den Verkaufserlös bezahlen. Die Nebenkosten bekommt man von niemandem zurück. Deshalb rät die Warentest dringend von Finanzierungen über den Kaufpreis hinaus ab.
■ Schutz durch Eigenkapital
Das Eigenkapital ist bei einer Immobilienfinanzierung mehr als nur ein Beitrag zur Kaufsumme – es ist auch ein wichtiger Sicherheitspuffer. Wer Reserven hat, kann Schwankungen im Einkommen, unerwartete Ausgaben oder sinkende Immobilienpreise besser abfedern, falls man verkaufen muss. Ohne diesen Puffer droht bei finanziellen Problemen schnell die Überschuldung. Deshalb raten die Experten dringend, zumindest die Nebenkosten selbst zu bezahlen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um etwas Eigenkapital aufzubauen – sei es durch Riester-Guthaben, Unterstützung der Familie oder Eigenleistung beim Bau. Das wirkt sich auch auf die Finanzierungskosten aus: Um bei der Bank einen günstigeren Zinssatz zu bekommen, reichen manchmal schon wenige tausend Euro Eigenkapital aus, so Stiftung Warentest. Es lohne sich gezielt beim jeweiligen Bankberater nachzufragen, mit wie viel mehr Eigenkapital man einen günstigeren Kredit bekommt.MIT MAS