Röstereien mussten die Preise erhöhen, weil die Rohkaffeepreise wegen schlechter Ernten stark gestiegen sind. Mischkalkulation ist für sie kaum möglich. © Jens Büttner, dpa
Wie günstig darf Kaffee sein? Diese Frage beschäftigt jetzt den 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Anlass ist eine Unterlassungsklage von Tchibo gegen Aldi Süd (Aktenzeichen VI-6 U 1/25). Der Kaffeeröster wirft dem Lebensmitteldiscounter vor, seit Ende 2023 regelmäßig Kaffees seiner Eigenmarke Barissimo unter den Herstellungskosten angeboten zu haben – und damit zu billig. Dies schade dem Wettbewerb und den Verbrauchern. Erster Verhandlungstag war gestern, wann es eine Entscheidung gibt, steht noch nicht fest.
Der Rechtsstreit geht damit in die zweite Runde. Die Richter des Landgerichts Düsseldorf hatten die Klage von Tchibo im Januar abgewiesen. Das Vorgehen von Aldi Süd sei kaufmännisch vertretbar. Es liege keine Gefahr vor, dass der Wettbewerb beeinträchtigt werde. Auch sei keine Absicht erkennbar, andere Unternehmen vom Markt zu verdrängen. Tchibo ging in Berufung.
■ Pro Kilo zwei Euro Verlust?
Rupprecht Podszun, Professor für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ordnet den Fall so ein: „Niedrige Preise sind genau das, was Wettbewerb erreichen soll.“ Problematisch würden sie erst, wenn damit Konkurrenten dauerhaft vom Markt verdrängt werden sollten, um anschließend die Preise für das eigene Produkt zu erhöhen.
Laut Tchibo hat Aldi Süd bestimmte Kaffeesorten zeitweise mit erheblichen Verlusten verkauft – von zwei Euro pro Kilo und mehr ist die Rede. Der Discounter lässt den eigenen Kaffee von seiner Tochter New Coffee produzieren.
Aus Sicht von Podszun zeigt der Fall beispielhaft die sich verändernden Machtverhältnisse in der Branche. „Die großen Lebensmittelhändler, die den Markt beherrschen, dringen immer tiefer in die Herstellung ein.“ Handelsketten wie Aldi seien längst keine reinen Verkäufer mehr. Sie entwickelten sich zu Lebensmittelkonzernen und übernähmen mit Eigenmarken und eigenen Produktionsstätten zunehmend größere Teile der Wertschöpfung.
■ Günstige Eckpreise als Lockmittel
Lebensmittelhändler arbeiten mit Mischkalkulationen. Bei einigen Artikeln sind die Margen höher, bei anderen geringer. Sogenannte Eckpreisartikel wie Kaffee oder Butter haben eine besondere Zugkraft, weil hier besonders auf die Preise geachtet wird. Die Ketten bieten sie oft vergünstigt an, um Kunden in die Läden zu locken.