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Wer in der Familie erbt

von Redaktion

Irrtümer über das Vererben – und wie man es richtig macht

Paare beerben sich nicht automatisch. Auch ein Ehepartner bekommt von Gesetzes wegen nicht alles. In vielen Fällen geht es nicht ohne Testament. © prostock-studio, smarterpix

Das Thema Vererben geht alle etwas an. Denn eines Tages wird jeder etwas hinterlassen, egal, ob das ein großes Vermögen ist oder nur ein paar alte Möbel. In jedem Fall ist es wichtig, dass der Nachlass in die richtigen Hände gelangt. Doch das Erbrecht steckt oft voller Überraschungen und der letzte Wille gestaltet sich juristisch häufig nicht ganz so einfach wie gedacht. Hier die gängigsten Irrtümer und wie man es richtig macht.

■ Ehepartner erbt automatisch

Irrtum: „Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Wenn ich sterbe, erhält meine Ehepartnerin erst mal alles.“ Falsch. Nach dem Gesetz erbt der Ehepartner – sofern bei der Eheschließung kein notarieller Erbvertrag geschlossen wurde – die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte geht an die Kinder zu jeweils gleichen Teilen. Gibt es keine Kinder, erben Eltern oder Geschwister des Verstorbenen mit.

Beispiel: Herr Müller verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Ohne Testament bekommt die Ehefrau 50 Prozent vom Nachlass (in einer Zugewinngemeinschaft), die Kinder teilen sich die restlichen 50 Prozent, also jeder erhält 25 Prozent.

Lösung: Die gesetzliche Regelung lässt sich nur mit einem Testament ändern. Es gibt mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, aber ein beliebtes Modell unter Eheleuten ist das Berliner Testament. Beide Ehepartner verfassen es gemeinschaftlich. Danach erbt zunächst der verbliebene Ehepartner alles und wird zum alleinigen Erben. Die Kinder werden erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners beziehungsweise Elternteils berücksichtigt.

■ Langjähriger Partner erbt

Irrtum: „Wir sind zwar nicht verheiratet, aber mein Partner erbt trotzdem automatisch alles.“ Das ist falsch. In der gesetzlichen Erbfolge sind unverheiratete Paare nicht vorgesehen, sie erben gar nichts.

Beispiel: Herr Müller und Frau Meier leben seit 35 Jahren unverheiratet zusammen, haben zwei Kinder und gemeinsam ein Haus gekauft. Stirbt Herr Müller, erben die Kinder seinen Anteil vom Haus, Frau Müller geht leer aus.

Lösung: Beide können ein Testament schreiben und sich darin jeweils als Erben einsetzen. Allerdings bleibt ein Steuernachteil. Denn der Freibetrag bei der Erbschaftsteuer liegt lediglich bei 20 000 Euro. Alles, was darüber liegt, muss mit einem Steuersatz von 30 Prozent versteuert werden.

■ Alles für den Ehepartner

Irrtum: „Wir sind verheiratet und haben keine Kinder – mein Ehepartner erbt automatisch alles.“ Falsch. In einer kinderlosen Ehe werden auch die Eltern des Verstorbenen – sollten sie noch leben – einen Teil des Erbes erhalten. Sollten die Eltern bereits verstorben sein, erben die Geschwister des Verstorbenen mit. Bei der Zugewinngemeinschaft erbt der überlebende Ehepartner in der kinderlosen Ehe drei Viertel des Vermögens, ein Viertel geht an die Eltern des Verstorbenen. Sollten sie nicht mehr leben, erben die Geschwister und Halbgeschwister diesen Anteil.

Beispiel: Herr Müller und Frau Müller sind verheiratet und haben keine Kinder. Herr Müller hinterlässt ein Vermögen von 400 000 Euro. Frau Müller erbt drei Viertel der Summe, 300 000 Euro. Die restlichen 100 000 Euro gehen an die Eltern oder die Geschwister von Herrn Müller.

Lösung: Um zu vermeiden, dass Eltern und Geschwister erben, können Ehepartner sich in einem Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Sollten die Eltern noch leben, steht ihnen aber ein Pflichtteil zu.

■ Kinder kann man enterben

Irrtum: „Ich kann meine Kinder jederzeit enterben. Sie bekommen nichts von meinem Vermögen.“ Der zweite Satz ist falsch. Man kann seine Kinder zwar enterben, bekommen werden sie aber dennoch einen Teil des Erbes, den sogenannten Pflichtteil. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs.

Beispiel: Frau Müller hat einen Ehemann und beide haben einen gemeinsamen Sohn. Außerdem besitzt sie ein Vermögen von 400 000 Euro. In ihrem Testament hält sie fest, dass ihr Sohn enterbt werden soll und ihr Ehemann Alleinerbe wird. Der Sohn kann aber trotzdem seinen Pflichtteil einfordern. Da Frau Müller und ihr Mann in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erbt der Ehemann die Hälfte des Vermögens, also 200 000 Euro. Eigentlich würde laut gesetzlicher Erbfolge der Sohn die anderen 200 000 Euro erben.

Da ihm aber nur der Pflichtteil zusteht, kann er nur die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs vom Vater fordern, also 100 000 Euro.

Lösung: Wer seine Kinder oder andere Familienmitglieder enterben möchte, muss ein Testament verfassen. Sie erhalten dann zwar dennoch den Pflichtteil, aber sie bekommen nichts vom darüber hinausgehenden Vermögen. Der Pflichtteil steht Kindern übrigens immer zu, auch wenn man als Eltern keinen Kontakt mehr zu ihnen pflegt.

■ Erbteil schon zu Lebzeiten

Irrtum: „Kinder können bereits zu Lebzeiten ihren Erbteil von den Eltern einfordern, um zum Beispiel ein Haus zu kaufen.“ Das ist falsch.

Es gibt kein Recht darauf, bereits zu Lebzeiten ein Erbe ausbezahlt zu bekommen. Sollten Eltern erwägen, ihren Kindern zu Lebzeiten etwas aus dem Vermögen zu übertragen, sollten sie immer gut überlegen, wie viel sie selbst benötigen, um ihr Alter zu bestreiten und um möglicherweise auch eine lange Pflegebedürftigkeit zu finanzieren.

■ Wenn minderjährige Kinder erben

Irrtum: „Wenn minderjährige Kinder erben, erhalten immer die Eltern das geerbte Vermögen und dürfen es auch für den Lebensunterhalt der Familie verwenden.“Das stimmt nicht. Wenn minderjährige Kinder erben, ist es in den meisten Fällen so, dass die Eltern – oder nur ein Elternteil, wenn der andere verstorben sein sollte – das geerbte Vermögen verwalten. Dazu sind sie per Gesetz verpflichtet. Das Kind hat erst mit dem 18. Geburtstag Zugriff auf der Erbe.

Es gibt klare Regeln, wie Eltern das Vermögen ihres Kindes verwalten müssen: Sie dürfen es nicht für eigene Zwecke ausgeben, sie müssen den Wert erhalten – also Geld anlegen und eine Rendite sicherstellen. Zudem müssen sie das Erbe getrennt vom eigenen Vermögen aufbewahren. Mit dem 18. Geburtstag kann das Kind die Eltern zur Rechenschaft ziehen und eine Aufstellung des Vermögens verlangen.

Beispiel: Der Großvater vererbt seiner fünfjährigen Enkelin ein Vermögen von 100 000 Euro. Die Eltern nutzen den Geldbetrag, um ihn für Familienurlaube auszugeben. Als die Tochter 18. Jahre alt wird, ist das Geld ausgegeben. Sie kann die Eltern verklagen.

Lösung: Sollte der Erblasser nicht wollen, dass die Eltern das Vermögen verwalten, kann er auch im Testament eine andere Person nennen, die mit dieser Aufgabe betraut wird. ANNETTE JÄGER

Im nächsten Teil

geht es um Irrtümer rund um das Testament. Ein mehrseitiges Dossier gibt es kostenlos per E-Mail von: ratgeber@biallo.de

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