Die wenigsten wollen eine Kiesgrube in ihrer Nachbarschaft. Gleichzeitig braucht der Wohnungsbau große Mengen Sand, Kies und Erde. Vor diesem Problem steht die Baurohstoffindustrie. Deren Vertreter ist Bernhard Kling, Geschäftsführer des Verbands Baustoffe, Steine und Erden (BIV), der in Bayern 420 Firmen vertritt. Im Interview erklärt er, weshalb Baustoffe aus Bayern kommen sollten, sogar Sand knapp werden kann und warum Tagebau und Landschaftsschutz sich nicht ausschließen müssen.
Sand, Kies, Kalk: Das sind ja eigentlich Allerweltsgüter. Warum sollten sie ausgerechnet aus Bayern kommen?
Wasser gibt es auch auf der ganzen Welt, aber trotzdem funktioniert nichts ohne. Und es wird da gewonnen, wo es benötigt wird. Das gilt auch für mineralische Rohstoffe: Die brauchen wir für alle Bautätigkeiten, aber auch in der chemischen Industrie, der Lebensmittelindustrie und der Abwasseraufbereitung. Es sind aber auch Güter mit einem relativ geringen Wert, die in großen Massen bewegt werden. Wir sprechen hier von etwa 150 Millionen Tonnen im Jahr. Deshalb sind die Transportkosten immer ein großer Faktor. Je näher die Quelle an der Verwendung liegt, desto günstiger und schonender für die Umwelt. Außerdem bleibt die Wertschöpfung so im Freistaat.
Kann Bayern sich denn selbstständig mit Baurohstoffen versorgen?
Rein geologisch können wir das zu 100 Prozent und noch für Jahrhunderte. Etwas anderes macht wegen der Transportkosten auch gar keinen Sinn. In manchen Regionen ist es aber schwerer geworden, den Bedarf regional zu decken. So muss zum Teil Sand aus benachbarten Bundesländern nach Unterfranken über weite Strecken zugefahren werden.
Wie kommt das?
Die Flächenkonkurrenz hat zugenommen. In den Ballungsräumen sind die Grundstücke wegen der Bautätigkeiten teurer geworden. Das ist im Umland von Städten wie München oder Ingolstadt ein Problem. Auf dem Land stehen wir zum Beispiel mit den Projektierern von Wind- und Solaranlagen im Wettbewerb. Dazu kommen strengere Auflagen seitens der Behörden. In den letzten Jahren sind große Wasserschutzgebiete ausgewiesen worden, wo die Behörden sagen: Hier ist der Grundwasserschutz nicht mit der Rohstoffgewinnung vereinbar. Deshalb werden die Flächen knapper. Dazu kommt fehlende Akzeptanz in Teilen der Bevölkerung vor Ort.
Aber sowohl die Gewinnwünsche von Eigentümern als auch der Schutz von Grundwasser und Landschaft sind ja legitime Interessen, oder?
Natürlich. Aber die Rohstoffförderung ist ja immer temporär. Wenn unsere Unternehmen auf einem Acker graben, muss danach mindestens wieder daraus Acker werden. Die Fläche kann danach aber auch Photovoltaik beherbergen. Es gilt grundsätzlich das Gebot der Aufwertung. Umweltschutz und Rohstoffabbau schließen sich nicht aus: Wir haben mit dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz ein Projekt das heißt „Natur auf Zeit“. Unsere Gewinnungsstätten sind Flächen, auf denen sich auch schon während des Betriebs Rote-Liste-Arten ansiedeln können. Wenn wir nämlich den Mutterboden wegschieben, entstehen Rohbodenflächen. Die sind wichtig für seltene Amphibien, Vogel-, Insekten- und Pflanzenarten, kommen in Bayern aber nur noch selten vor. Deshalb versuchen wir, das teils sehr kategorische Entweder- oder der Behörden und in der Öffentlichkeit durch ein Sowohl-als-auch zu ersetzen.