Intime Dramen in der Abtei

von Redaktion

Das Ensemble „Quatuor Arod“ glänzte bei den „Inselkonzerten“

Frauenchiemsee – Das Exil bei den Benediktinerinnen war unfreiwillig. Für gewöhnlich laden die „Inselkonzerte“ in das Augustiner-Chorherrenstift auf Herrenchiemsee. Diesmal musste Claudia Trübsbach mit ihrer schmucken Kammer-Reihe auf die Fraueninsel ausweichen: in den Plenarsaal der Abtei Frauenwörth. Hier spielte jetzt das Ensemble „Quatuor Arod“.

Laut Trübsbach lag das an den „Herrenchiemsee-Festspielen“. Der Leiter Enoch zu Guttenberg habe keine Überschneidung mit seinem Festival dulden wollen. Immerhin zeigt dieser Konflikt auch: Die „Inselkonzerte“ genießen ein derart hohes Renommee, dass sie selbst von großen Festivals als Konkurrenz angesehen werden.

Dies bestätigt auch der Auftritt von Quatuor Arod. Die Anfrage für dieses Gastspiel kam von der Agentur des Ensembles. Sie wollte unbedingt, dass die vier Franzosen im Rahmen einer Deutschland-Tour auch bei den „Inselkonzerten“ Halt machen. Die Anfrage kam vor einem Jahr: nach dem Sieg von Jordan Victoria und Alexandre Vu (Violinen) sowie Corentin Apparailly (Viola) und Samy Rachid (Cello) beim ARD-Musikwettbewerb in München.

Schon damals glänzten sie vor allem mit Béla Bartók und Beethoven. Für das jetzige Konzert haben sie das Streichquartette Nr. 1 von Bartók mit Beethovens op. 59 Nr. 2 gekoppelt. Ein mittleres der letzten Streichquartette von Beethoven wäre freilich die klügere Wahl gewesen, denn: Das erste Quartett von Bartók beginnt mit einer Abwandlung des Vierton-Motivs, mit dem Beethoven diese Werke wie eine Keimzelle zusammenhält.

Dafür aber machten die vier Musiker intensiv hörbar, wie sehr Bartók in seinem Erstlingsquartett von 1908/09 ein intimes Drama kreiert. Für Zoltán Kodály, ein Weggefährte von Bartók in Ungarn, stellte dieses Werk „eine Art Rückkehr ins Leben vom Rande des Nichts“ dar. Die vier Musiker spielten buchstäblich an der Stuhlkante, in dichtester Durchdringung von Form und Gehalt.

Im zweiten „Rasumowsky-Quartett“ von Beethoven, benannt nach dem russischen Botschafter in Wien und Auftraggeber, überzeugten die Arods vor allem mit hellhöriger Schlankheit und luzider Durchhörbarkeit. Wie man es heute von den jungen Quartetten aus Frankreich gewohnt ist, wurde die Musik vom satten Dauervibrato und breiten Dauerlegato befreit. Umso intensiver war das Kolorit im russischen gefärbten Scherzo: Modest Mussorgsky zitiert das Thema in der Krönungsszene seiner Oper „Boris Godunow“.

Zuvor zeigte sich im Streichquartett op. 33 Nr. 2 von Joseph Haydn, wie sehr die vier Musiker eine Balance suchen zwischen radikaler Entschlackung und zupackender Kontrastierung. Seinen Untertitel „Der Scherz“ trägt dieses Werk, weil im Trio-Teil des Scherzos der Ländler mit schluchzenden Portamenti ausgestaltet wird. Das Finalrondo überrascht schließlich mit Trugschlüssen und Adagio-Einschüben: stürmischer Beifall für ein denkwürdiges Konzert.

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