Funkelnde Frische und Klangsinnlichkeit

von Redaktion

Das Diogenes-Quartett eröffnet die „Kammermusiktage Inntal“ in Nußdorf

Nußdorf – Das war eine wunderbare Idee, neben melodischen Werken von Beethoven und Brahms die eben nicht leicht zugängliche „Kreutzersonate“ von Leos Janacek ins Programm zu nehmen. In der Kirche St. Leonhard in Nußdorf eröffnete das Diogenes-Quartett unter dem Motto „Lieben Sie auch Brahms?“ die „Kammermusiktage Inntal“, die nun bereits zum zehnten Mal stattfinden. Die vier Musiker Stefan und Gundula Kirpal (Violine), Alba Gonzáles i Becerra (Viola) und Stephen Ristau (Violoncello) geben mehrere Tage lang einen Streichquartettkurs für junge begabte Nachwuchsmusiker.

Zum Auftakt erklang Beethovens sechstes Streichquartett op. 18 in B-Dur. Den musikantischen Sonatensatz, das Adagio ma non troppo, ein stilles, feingliedriges Musizierstück und das virtuose Scherzo spielte das Diogenes-Quartett mit funkelnder Frische. Auf das Adagio mit seinem traurig-ernsten Charakter folgte ein lustvolles, übermütiges Allegretto, das in der Interpretation des Diogenes Quartetts voller federnder Quirligkeit war.

Nach dem jugendlichen Sturm und Drang Beethovens stand das Streichquartett Nr. 1 „Kreutzersonate“ von Leos Janacek auf dem Programm. Kurz und sachkundig erklärte Primarius Stefan Kirpal die Entstehungsgeschichte der „Kreutzersonate“, die Beethoven dem französischen Virtuosen Kreutzer gewidmet hatte, der sie aber wegen ihrer schweren Spielbarkeit nicht mochte. In seiner gleichnamigen Erzählung, in der der Ehemann seine Frau aus Eifersucht ermordet, hat Tolstoi diese Sonate auf meisterhafte Weise literarisch verewigt. Leos Janacek nun hat in seiner Komposition das Aufeinandertreffen von zwei Themen, dem weiblichen und dem männlichen, gegenübergestellt und die Zweisamkeit des Paares musikalisch aufgesplittet.

In Janaceks „Kreutzersonate“ ist ein ausdrucksstarkes Motiv mit leitmotivischer Funktion als Keimzelle des ganzen Werkes anzusehen. Musikalisch raffiniert steigert der Komponist das Drama der gequälten, erniedrigten Frau bis zum letzten Akt der Tragödie. Das Diogenes-Streichquartett brachte die Seelenqualen der Gepeinigten, die besonders im dritten Satz aufwühlend zum Ausdruck kommen, mit zitternden, nervösen Dissonanzen genial zu Gehör.

Nach derartigen, eindringlich in Töne gefassten Gefühlsausbrüchen durfte sich das Publikum beim h-Moll Klarinettenquintett op. 115 von Johannes Brahms wieder erholen. Gastmusiker Albert Osterhammer von den Münchner Philharmonikern an der Klarinette spielte die vielen melodischen Passagen des Werkes mit großer Klangsinnlichkeit. Die elegische Kantilene im Adagio, das von der Klarinette dominiert wird, interpretierte Osterhammer mit zarter Kantabilität und virtuoser Brillanz. Schön anzuhören war das Andantino, dessen schlichter, freundlicher Charakter gefangen nahm. Streicher und Klarinette harmonierten auch hervorragend im Finale mit seinem großen Variationenreichtum.

Aus Dank für den stürmischen Beifall spielten die fünf Musiker zum Abschluss noch den dritten Satz aus Mozarts Klarinettenquintett, einem Meisterwerk, in dem die Klarinette noch einmal ihre große Gesanglichkeit demonstrierte.

Artikel 3 von 11