Bad Aibling –„Ich bin keine Fotografin. Ich knipse nur im richtigen Moment“, sagt Renate M. Mayer“ von sich und ihrem Tun. Die Ergebnisse ihres Knipsens kann man bis 22. Oktober in der Ausstellung „Wasser-Farben – Spiegelungen in Venedig“ in der Galerie Villa Maria Bad Aibling bewundern.
Renate M. Mayer mag keine gelernte Fotografin sein, aber sie ist eine Poetin. Wie sie als Schauspielerin, Vorleserin und auch Lyrikerin mit Worten umgehen kann, so kann sie es auch mit Farben und Bildern und schenkt den Betrachtern ganz neue poetische Eindrücke von Venedig, einer Stadt von der schon alles tausendfach und millionenfach gezeigt wurde.
Bei Renate M. Mayer steht Venedig auf dem Kopf. Sie fotografierte, wie sich die Stadt im Wasser, das die Häuser umarmt und umschlingt, spiegelt. Die verkehrten Häuserfronten sind mal noch klar erkennbar, mal wirken sie durch die Verzerrungen der Wellen wie abstrakte Gemälde, wie Aquarellbilder, deren Farben ineinanderlaufen. Nur hin und wieder ist am oberen Bildrand keine Spiegelung zu sehen, sondern ein realer Gegenstand, eine Taube, eine Brücke oder die gestapelten Stühle auf dem überschwemmten Markusplatz.
Fotografiert
wie früher
Die Aufnahmen hat Renate M. Mayer bei vielen Aufenthalten meist im Oktober gemacht, in den klaren Tagen mit dem besten Licht, digital und analog. Und sie hat sie nicht bearbeitet. Sie hat fotografiert wie früher, als man nur 36 Aufnahmen auf einem Film hatte und Bilder sparen musste. So war es für sie ein Abwarten, ein Erhaschen des richtigen, unwiederbringlichen Augenblicks. Diese Bilder sind deshalb einmalig. Nie mehr werden Wellen und Farben, Licht und Perspektive genauso zusammenspielen. Der leicht bewegte Wasserspiegel verzerrt und schafft neue Formen, fügt Flächen abstrakt aneinander. Wenn sich die Grenzen zwischen den Farben auflösen, wenn sich im Verwischen neue Farben erzeugen und die Formen alles Gegenständliche verlieren, entstehen ganz neue Bilder, die ohne die Fotografie nur eine tausendstel Sekunde Bestand hätten. Renate M. Mayer bannt den Augenblick, der sonst buchstäblich vorüber plätscherte. So können Momente zur Kunst werden.
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Geöffnet ist die Ausstellung in der Galerie Villa Maria in Bad Aibling, Rosenheimer Straße 43 bis 22. Oktober samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, Telefon 08061/92770. Keine Karten gibt es mehr für die Lesung „Die welke Pracht“ am Freitag, 29. September, bei der Renate M. Mayer diesen Venedig-Essay des Tiroler Zeichners und Schriftstellers Paul Flora vorliest.