Söchtenau – Sehr ernst, sehr zart und sehr scheu saß sie inmitten der sorgfältig arrangierten Statuen, Büsten und farbkräftigen Gemälden auf der Atelierbühne in ihrem roten Kleid mit durchbrochenen Spitzen: Die 29-jährige georgische Pianistin Lika Bibileishvili gab für das Kinderhilfswerk Plan ein Benefizkonzert im Atelier der Künstlerin Antje Tesche-Mentzen in Hafendorf bei Schwabering. Das Projekt ist der Bau von Brunnen für Schulen in Ghana.
Leicht hätte Lika Bibileishvili es sich machen können an diesem sonnigen Kirchweihsonntagvormittag, doch so ernst wie ihr Auftreten war ihr Programm: nach Scarlatti-Sonaten die ausufernde C-Fantasie von Robert Schumann und dann die hochfahrende h-Moll-Sonate von Franz Liszt.
Klar, höchst transparent, straff und eminent fingerfertig erklangen die beiden Sonaten in e-Moll und in G-Dur von Domenico Scarlatti, geradezu stürmisch die Toccata in d-Moll, eine Etüde für lockere Finger. Immer gewann die Pianistin dabei nimmermüde Energie aus der Rhythmik, auch aus den Synkopen in der G-Dur-Sonate.
Diese rhythmische Energie übertrug sie auch auf die Schumann-Fantasie, die sie mit viel Klangsinn im rauschenden Klang und doch auch subtilen Abschattierungen spielte. Sie verströmte dabei absolute Sicherheit sowie technische und gestalterische Souveränität: Im Spiel war nichts zu spüren von der zarten Scheuheit ihres Auftretens. Sie beherrscht die große pianistisch-pathetische Geste ebenso wie das intensive Verweilen in den spannungsvollen Septakkorden, die sich erst zögernd auflösen. Als wollte sie ergründen, wie viel Scarlatti in Schumann steckt, packte sie diese hochromantische Musik mit straffer Entschlossenheit an, ließ „durchaus energisch“, wie die Vortragsbezeichnung im zweiten Teil heißt, die Bässe nachschlagen. Formte dann im Finalteil sehr schöne, wohl ausgehorchte Akkorde und das sehnsüchtige Ziehen und Schweifen der ausgreifenden Melodie, hätte dann aber zwischendurch noch leiser, weicher und geheimnisvoller sein können, träumerischer und mondscheinhafter.
Liszts h-Moll-Sonate ging die Pianistin mit kontrollierter Entschiedenheit an, auch wieder mit genau gestanzter Rhythmik, sogar in dem nervösen Basszittern der linken Hand. Das hemmungslos Überschäumende, das emotional Entfesselte scheint (noch) nicht ihr Spiel zu sein. Dafür stellte sie deutlich die Architektur dieser Riesensonate heraus, wie man es selten hört. Charakteristisch war ihr leuchtender, bisweilen grellleuchtender Ton, das plastische Glitzern, die Durchsichtigkeit des Fugenteils und des Oktavendonners.
Für den herzlichen Beifall bedankte Bibileishvili sich mit einem Stück aus dem „Kosmos“ von Wilfried Hiller, der diese 34 Miniaturen auf Werke von Antje Tesche-Mentzen komponiert hatte, im Publikum saß und dann sich auf der Bühne zeigte.