Vom Vorteil der Gegensätze

von Redaktion

Ein junges Duo überzeugte im Wasserburger Rathaussaal

Wasserburg – Brahms wurde mit Rossini und mit Bearbeitungen seiner Melodien gepaart: War dies nicht ein originelles Aufführungskonzept, geeignet für einen würdigen Einstieg in die neue Saison der Wasserburger Rathauskonzerte? Eine junge Cellistin (Raphaela Gromes) im Duo mit einem wohl ebenso jungen souveränen Begleiter (Julian Riem): Man war gespannt auf Gegensätzliches aus dem Musikschatz.

Raphaela Gromes gab beim Entree mit Busonis „Serenata“ gleich ihre Visitenkarte für den Abend ab: Ausladende Tongebung spiegelte ihr musikalisches Temperament. Wenn bisweilen mit betörendem Pianissimo in der Höhe und satter Tiefe Melodiebögen überspannt erschienen – Gromes „sprach“ eindringlich zum Zuhörer, und was will man mehr, vor allem bei Brahms.

Brahms hat in seiner F-Dur-Sonate op.99 dem Cello- wie dem Klavierpart einiges zugemutet. Weniger an gängiger Kantilene oder virtuosen Eskapaden als mit ungeahnt Ungewohntem für das Instrument: Orchestral untermalt das Cello die Stimmführung im Klavier in der Durchführung des ersten Satzes, harscher Rhythmus beherrscht das Scherzo, bisweilen gewaltvolles oder zartes Pizzicato dient als tragendes Motiv, wobei der Klavierpart auf massiven Einsatz verzichtet. Widerborstig ist dies Opus 99 für Interpreten wie auch für Zuhörer, die beim ersten Genuss dieses Werkes wohl konsterniert sein mögen ob solchem Wagemut in der Verarbeitung der Motive.

Unter dem Duo der beiden erblühte die Sonate; auswendig auch vom Pianisten gespielt, reichte man sich Takt für Takt musikalisch die Hand, groß und frei im Tempo des Fis-Dur-Mittelsatzes, rasant im Scherzo, voller Lieblichkeit im Schlusssatz.

War da nach der Pause ein weiteres Schwergewicht am Platz? Rossinis Musik bedeutete in ihrer Betonung des oft Skurrilen zwar ein stilistisches Wagnis, entpuppte sich jedoch tatsächlich als passender Gegensatz zum Vorhergehenden.

Die Komponisten wie Bohuslav Martinu und Mario Castelnuovo-Tedesco überboten sich im Ausdeuten gängiger „Ohrwürmer“ des Genießers Rossini: Martinu, der sich als Spätemigrant mit modernistischer Verfremdung eingängiger Vorlagen in der USA-Musikszene Achtung verschaffen musste; Castelnuovo schließlich, der Rossinis Motive der Figaro-Cavatine humorvoll ins Notenbild der Saiten, der Tasten zauberte. Virtuose Raffinesse stand im Vordergrund, doch billig erschien dies nie, dazu lag zu viel Ernst im Spiel der beiden, wobei vor allem der Pianist alle Finessen des Klaviersatzes auszukosten verstand.

So war es auch folgerichtig, dass auf eine weitere virtuose Eskapade verzichtet wurde zugunsten schlichter Poesie aus Rossinis und Sinagaglias Melodienschatz. Gutes Stilempfinden behielt die Oberhand.

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