Jazzlegenden werden zum Leben erweckt

von Redaktion

Das Annette Neuffer Quintett spielte Jazz der 40er- und 50er-Jahre im Rosenheimer Lokal „Le Pirate“

Rosenheim – Selten bekommt man Jazz der 40er und 50er Jahre zu hören – einer Zeit, in der Swing und Modern Jazz gleichermaßen gefragt waren. Die charmante Sängerin und Trompeterin Annette Neuffer ermöglichte ihren Zuhörern mit ihrem Quintett im Rosenheimer Le Pirate genau das. Zusammen mit ihrem Lebenspartner Claus Koch am Tenorsaxofon erweckte sie Jazzlegenden zu neuem Leben.

Ins Boot geholt hatte sie sich den jungen Schlagzeuger Xaver Hellmeier, der die swingende Spielweise eines Gene Krupa mit den modernen Techniken etwa Kenny Clarkes zu einem eigenen Stil verknüpfte. Am Bass agierte Mátyás Hofecker aus Ungarn mit swingenden Walking-Linien und melodiösen Soloimprovisationen. Für den in der Mongolei weilenden Claus Raible war erstmals Klaus von Heydenaber mit dabei, ein Pianist, der alle Arten des Swings und des Modern Jazz in sein Spiel integriert.

Das Programm moderierte Annette Neuffer. Es bestand aus vielen Wohlfühlstücken, auf eigene Art interpretiert vor allem mit Neuffers lasziver Altstimme, die auch hohe Lagen mit einschließt.

Ausdrucksvoll war ihr Sound auf dem geschmeidig gespielten Flügelhorn, das Neuffer anstatt der Trompete zum Einsatz brachte. Sie verband Swing und moderne Stilistik zu einem eigenen lyrischen Stil. Einige Stücke begannen in einer langsamen Version und wechselten dann zu atemberaubenden Tempi. So etwa „After You’ve Gone“, das in der zweiten Hälfte zu Dizzy Gillespies Bebop-Hit „Salt Peanuts“ mutierte, oder „How High The Moon“, dessen harmonische Struktur obligatorisch Charlie Parkers „Ornithology“ nach sich zog und Neuffer Gelegenheit für virtuosen Scat-Gesang bot. Xaver Hellmeier trommelte ein ausgefeiltes Schlagzeugsolo.

Claus Koch begeisterte mit seinen klar artikulierten Linien. Unisono mit den Gesangslinien Neuffers brachte er in dem schnellen Stück „Runnin‘ Wild“ hitzige Riff-Melodien und erfüllte in der traurigen Billie-Holiday-Nummer „You’ve Changed“ den Part des Tenoristen Lester Youngs.

Die stilistische Vielfalt des Programms enthielt mit Hoagy Carmichaels „Stardust“ eine der bekanntesten Jazzballaden, unter anderem mit einem schönen Solo des Bassisten Mátyás Hofecker. Der weniger bekannte melancholische Musical-Song „Goodbye Little Dream, Goodbye“ von Cole Porter wurde als Bossa interpretiert. Porters „Love For Sale“ wechselte zwischen Funk und Swing. Mit „Shiney Stockings“ aus der Mappe von Count Basie hatte man ein Big-Band-Arrangement auf Combo-Größe wirkungsvoll eingedampft.

So war an diesem Abend für jeden Geschmack etwas dabei, sodass sich die begeisterten Zuhörer noch einen atmosphärischen Blues von Billie Holiday als Zugabe erklatschten.prr

Artikel 4 von 6