Tiefsinniges in urbayerische Mundart

von Redaktion

Mitreißendes Programm bei „Kultur pur“ – Potpourri unterschiedlicher Liedermacher

Rosenheim – Seit 21 Jahren präsentiert Werner Rösler „Kultur pur“ mit „Leckerbissen für die Rosenheimer Kleinkunstszene“. Dieses Jahr begeisterte das Programm mit einem Potpourri unterschiedlichster bayerischer Liedermacher und -schreiber, mit hintergründigen, teils tiefsinnigen Texten, meist in urbayerischer Mundart.

Um die Sprachbarrieren zu überwinden, gab „De Stianghausratschn“ alias Roswitha Spielberger erst einmal inen amüsanten Sprachkurs in Bayerisch. Mit Übersetzungen von „schnaxeln“ und „kraxeln“ oder „Pfui Deifi“ an Stelle von „Schmeckt nicht“, bewies die Künstlerin, dass sie zu Recht Trägerin des „Mundwerkpreises 2015“ ist. „Ratschn, tratschn, Leid ausrichten – am liabsten Mannaleid“, das ist „De Stianghausratschn“ live. Vor lauter Schimpfwörtern bleibt beim „Ehekrisenliadl“ kein Auge trocken.

„In der bayerischen Sprache gibt es so viele Schimpfwörter, das i des Liadl zehn Stunden weitermachen könnt“, so die Mutter dreier Kinder, deren Jüngster mit 20 Jahren zu Hause wohnt und die Mutter mit Telefonaten mit „Siri“ zur Verzweiflung treibt. Auch als Puppenspielerin überzeugte die Musikkabarettistin – und brachte mit ihrer „Kranker Mann will zu Hause von Frau gepflegt werden-Vorstellung“ die Zuschauer zum Lachen.

Wesentlich ruhiger präsentierten sich die zwei Frauen in „Black Henny Herz und Irmi Haager“ mit unter die Haut gehenden Musikarrangements Richtung Soul, Jazz, Blues. Liedschreiberin Henny Herz überzeugte als Sprachentalent mit tiefgründigen, melancholischen Texten und Melodien in Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch. Perfekt begleitet wurde die junge Münchnerin von Irmi Haager, die mit ihrem Kontrabass bereits im vergangenen Jahr bei „Kultur pur“ gastiert hatte.

Ein typisch bayerischer Kabarettist mit Humor und Grant im Sinne Polts ist Horst Eberl. Mit Gitarre und flotten Sprüchen regte der Pleiskirchner zum Querdenken an. Er verkehrte durch Mimik und Sprechmodulation Inhalte ins Gegenteil und meint nach „Was ich mag und was ich liebe“: „Zum Glück gibt’s stets ein Arschloch, das alles besser weiß“. Mit seinen Geschichten aus dem Alltag, nostalgischen Erinnerungen an Telefonzellen (begehbare Handys) oder Sendeschluss, Eheleben und Einkaufsstress traf Eberl oft ins Schwarze und manch männlicher Besucher fühlte mit ihm beim Hosenkauf im „Sale“.

Nach der Pause nahm „Kupfadache“ die Bühne ein. „Sie machen Herz-BlutSound aus dem Chiemgau. Dabei ist nicht so klar, in welche Richtung ihr Stil geht – Tradimix, Heimatsound, Indi-Folk oder alpenländischer Pop“, stellte Rösler die fünf Künstler vor.

Allerdings erfuhren die Zuschauer, dass die Haarfarbe der Musikerinnen Sabine (Gesang, Gitarre), Silvia (Gitarre, Gesang), Andrea (Zither und Gesang) und Michaela (Kontrabass, Gesang) bereits vor dem Bandnamen vorhanden war. Aus der Reihe tanzt Stefan – nicht nur haarfarblich. Mit Trompete und Gitarre ist er Quotenmann, Liedschreiber und Gaudibursch. Sein Wirtshauslied zum Mitsingen lockerte auf, animierte zum Mitklatschen und endete mit einem fetzigen Juchzerer. Viel tiefgehender und ruhiger sind „Spuiuhr“, „Weck mi auf“, oder „Danzn“. Kupfadache besticht durch ihren ganz speziellen Sound und Texten, die Geschichten vom „Lebn“ voller Herz erzählen.

Musikabarett vom Feinsten boten die „Wuiden Hena“ Karin Michalke und Anni Reisberger. Verkleidet mit Perücke und Putzkittel gastierten die aus Bayrischzell stammende Autorin Karin mit ihrer fetzigen Duettpartnerin Anni aus Tandern als Vorband „Mare-Mare“. „Des wird a Blues – etwas Kluges“ kündigte Karin das erste Lied „Sei doch froh, dass`d ned schee bist – hat mei Mama g’sagt“ an und philosophierte über die Bedeutung von Schönheit und Reichtum, wahrer Liebe und dem Glück, allein zu sein.

Mit Gitarre und Selbstironie

Die Stimmen ergänzten einander perfekt. Ebenso überzeugten Witz und die Spritzigkeit der zwei Künstlerinnen mit Gitarre und ihre Selbstironie. „Ich bin ein großer Fan von leichtem Wahnsinn: Er ist gsund und lebensfreundlich“, meinte Karin und sang über „Vögel“. Gleich ob mit „Koid“, einem „als Wetterlied getarnten Liebeslied“, oder einer „lustigen Tierstunde“ mit röhrenden Hirschen, die „Wuiden Hena“ begeisterten die Zuhörer trotz später Stunde und durften erst nach ihrem Liebeslied an Bayrischzell „Dahoam“ den Abend beenden.

„Kultur pur“ bot bei seiner 21. Ausgabe wirklich „Leckerbissen für die Rosenheimer Kleinkunstszene“ und die vielen Stammgäste freuen sich mit Werner Rösler schon auf die Fortsetzung im nächsten Jahr.

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