Rosenheim – Gibt es im Sommer immer die große jurierte, für alle Künstler offene Jahresausstellung des Rosenheimer Kunstvereins in der Städtischen Galerie, folgt im Winter die „kleine“ ebenso jurierte Mitgliederausstellung in den eigenen Räumen in der Klepperstraße 19. An Zahl steht die kleine Ausstellung der großen kaum nach. 53 Künstler-Mitglieder des Kunstvereins Rosenheim mit insgesamt 120 Arbeiten wählten die Juroren Michael Bednarik, Christian Hess, Elisabeth Opperer, Bernhard Paul und Almut Wöhrle-Ruß aus. Die Werke haben auch alle im lichten Ausstellungsraum Platz, denn nur kleine Formate sind erlaubt. Mag das Format auch klein sein, die künstlerische Qualität ist es nicht. Zu sehen sind in der Ausstellung, die durch das vorgegebene Thema „Gezeichnet“ durchaus noch an Stimmigkeit und Reiz gewinnt, interessante Arbeiten vieler bekannter Künstlerinnen und Künstler der Region. Die Werke beschränken sich dabei allerdings nicht unbedingt auf die künstlerische Technik der Zeichnung, sondern behandeln in verschiedensten Techniken auch inhaltlich den mehrdeutigen Begriff „gezeichnet“.
Die verstörende und verstörte Gestalt von Elke Klöpper auf ihrer Monotypie „nur ein Spiel…?“ ist nicht nur handwerklich mit wenigen Linien gezeichnet, sondern die Gestalt ist auch gezeichnet von ihrer bedrängenden Situation. Bitterböse ist der Hintersinn der kleinen Tonskulptur eines Bischofs von Uta Beckert, bei dem unter dem Ornat sieben Kinderköpfe hervorschauen. „Lasset die Kindlein zu mir kommen“, lautet der Titel. Wie der Bischof von seinen Begierden gezeichnet ist, sind dies auch die Köpfe von Stefan Guggenbichler. Zorn, Trägheit und Neid drückt der Künstler in ihnen aus.
Hintersinnig, aber witzig greift Heidi Ponn das Thema mit ihrem „Minenspiel“ auf, wenn sie Anspitz-Minenstaub in einen kleinen Objektrahmen gibt.
Breit ist die Spanne der im weitesten Sinne gezeichneten Arbeiten. Immer wieder überrascht die zeichnerische Qualität und die Motivwahl der beinahe fotorealistischen Bilder von Gerhard Prokop, diesmal die Innbrücke bei Schloßberg und die dahinterliegende Eisenbahnbrücke. Almut Wöhrle-Ruß zeigt filigrane Tuschearbeiten eines Weinblattes und eines Rosmarinzweiges. Christian Hess zeichnet ebenso filigran seine aneinandergereihten Teilchen, die zu Schwänzen von Reptilien mutieren. Peter Pohl hat seine Zeichnungen von Insekten digital bearbeitet. Hannes Stellner zeigt sparsame Studien auf kariertem Papier. Hildegard Manzke verlässt das kleine Format mit den wenigen Strichen einer gelungenen Frauenkarikatur.
Die Bildhauerin Regina Marmaglio bietet zwei gänzliche verschiedene Objekte aus Lindenholz, die durchaus auch zum Thema passen: fünf grün bemalte Löwenzahnblätter aufgeklebt auf einem Plastikuntersatz und eine graue, kleinteilige Landschaftsstruktur. So gezeichnet erscheint ihr die Umwelt. „Mit Licht gezeichnet“ nennt Heinz-Martin Weiand die Stängelstrukturen auf seinen Fotografien.
Die kleine Videoarbeit „Schwarmverhalten bei Menschen“ von Sophia Grutsch ist der preisgünstigste Beitrag. Die CD kostet nur fünf Euro. Am teuersten sind mit jeweils 850 Euro die abstrakten Mischtechniken von Manfred Mayerle aus der Reihe „Suite M 16“ und ein abstrakter Digitaldruck auf Aluminium, dessen Titel „2.3.2008 mehlreis“ sich nur durchs Anschauen nicht erschließt.
Es sind leider nicht alle interessanten, gefälligen und künstlerisch wertvollen Arbeiten zu nennen. Das hochwertige Angebot ist zu reichhaltig. Es finden sich weiter Namen wie Peter Weigel, Sylvia Roubaud, Willee Regegensburger, Bernhard Paul, Inge Regnat-Ulner und und und.
Würdigung von Masanne Westermann
Ein Name muss aber auf jeden Fall noch genannt werden: Masanne Westermann. Der Kunstverein würdigt anlässlich des für das Jahr 2018 bevorstehenden 85. Geburtstages der Rosenheimer Künstlerin, das malerische Werk von Masanne Westermann mit einer kleinen Sonderschau. Die abstrakte Farbmalerei der Künstlerin, weckt Erinnerungen an Landschaften, an traumartige Imaginationen. Die Farbfelder verschwimmen immer wieder im Ungewissen. Eine wichtige Rolle spielt bei Masanne Westermann auch die Farbe Blau. So wirken die mit großer Emotionalität aufgeladenen Bilder meist positiv und hoffnungsfroh.
Das Vernissagepublikum zeigte sich sehr kauffreudig. Wer also noch einige der preisgünstigen Arbeiten für sich oder als Weichnachtsgeschenk erwerben will, sollte sich eilen. Eine farbige Broschüre verzeichnet alle ausgestellten Werke mit Daten und Preisangaben.
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Geöffnet ist bis 23. Dezember donnerstags bis samstags von 14 bis 17.30 Uhr, sonntags von 11 bis 17.30 Uhr. Ein „Kunst-Frühstück“ mit vielen Künstlern ist am Sonntag 17. Dezember, ab 10 Uhr. Dazu gibt es Musik des Ensembles „Innsilber“.