Erl – Allein diese Schuhe waren umwerfend: Auf mit bunt glitzernden Straßsteinen besetzten Plateauschuhen tänzelte Musiklehrer Bartolo (Oliviero Giorgiutti) über die Bühne. Showtime für Figaro im Festspielhaus in Erl!
Nach zwei Jahren wurde die Nummernrevue unter der Regie von Gustav Kuhn erneut aufgelegt und wieder amüsierte sich das Publikum weitgehend prächtig.
Schrill und schillernd
Nun ja, der Abend ist nichts für linientreue Opernfans: schrill, schillernd, gewagt, respektlos, in Teilen wie ein Videoclip setzte Kuhn die heitere Oper „Il barbiere di Siviglia“ um, die Rossini im Alter von 24 Jahren geschrieben hat.
Im Zentrum des Geschehens der in Peking geborene Hui Jin als Graf Almaviva, der bis zum Schluss energiegeladen und von überzeugender stimmlicher Präsenz über die karge Bühne jagte. Ebenfalls mit einem Augenzwinkern zeichnete der in Georgien geborene Gocha Abuladze die Figur des Figaros. Mit Finesse und stimmlicher Strahlkraft sang sich Aurora Faggiolo als Rosina samtweich in die Herzen des Publikums. Sonderapplaus für Giovanni Battista Parodi als Basilio, der nach zögerlichem Beginn die Bühne rappte. Wie aus der Vampirgruft entstiegen, mit Ledermieder, Straps und Stimmgewalt, brillierte Michaela Bregantin als Berta. Solide und geradlinig dirigierte Andreas Leisner das Orchester der Tiroler Festspiele Erl – ein Ruhepol im Taumel der fulminanten Bilderschau.
Chor als lüsterne Partygesellschaft
Der Chor der Tiroler Festspiele fegte als lüsterne Partygesellschaft über die Bühne. Traumgebilden gleich, in Leder, Mieder, Netzstrümpfen, skizzierten die Tänzer die gesamte Aufführung hinweg begleitend abstrakte Schaubilder. Choreografin Katharina Glas weitete so die Oper zu einem überaus modernen Gesamtkunstwerk (Kostüme: Lenka Radecky).
Oper als Show und Nummernrevue? Das muss man nicht mögen. Wer sich jedoch dem Humor nicht verschloss, der in allem lag – sogar im Schuhwerk – dem war der Abend reiner Lustgewinn.