Lyrisch, swingend und ekstatisch

von Redaktion

Carolyn und Hermann Breuer begeistern beim Konzert des Samerberger Jazz-Ensembles im „Le Pirate“

Rosenheim – Obwohl der renommierte Münchner Jazzmusiker Hermann Breuer seine Posaune zu Hause gelassen hatte, gab er im Rosenheimer „Le Pirate“ ein großartiges Konzert mit Modern Jazz. Der Schlagzeuger Michael Keul hatte Breuer und dessen Tochter, die Saxofonistin Carolyn Breuer, dazu in sein „Samerberger Jazz Ensemble“ nach Rosenheim geholt. Breuer überzeugte am Piano sowohl als kreativer Komponist und Solist als auch als einfühlsamer Begleiter seiner Tochter, die abwechselnd auf dem Alt- und dem Sopransaxofon zu einem eigenen stilistisch breiten Ausdrucksspektrum zwischen Charlie Parker und John Coltrane gefunden hat.

Am Bass agierte Ernst Techel und vervollständigte das Quartett, das eine interessante Mischung aus eigenen Stücken und Jazzstandards unterschiedlicher Couleur interpretierte. Den Auftakt machte Hermann Breuers frühe Komposition „A Fan’s Model“, bei der Breuer überraschende Akkordverbindungen rhythmisch akzentuiert setzte. Anschließend kam Carolyn Breuer hinzu und spielte ihren modal erweiterten Blues „Hector The Collector“, wobei man ihren gehaltvollen Klang auf dem Altsax bewundern konnte, atmosphärisch auf wesentlichen Tönen verweilend, aber auch zu ekstatischen Läufen gesteigert. Südamerikanisches Flair brachten die duftigen Chorusse in Hermann Breuers Bossa „A Donde Se Fue Mi Amor“ ins „Le Pirate“, während eine zupackend ekstatische Klanglandschaft in dem bekannten Sechs-Achtel-Stück „Norwegian Wood“ von den Beatles nicht zuletzt durch den Coltrane-Sound entstand, den Carolyn Breuer auf dem Sopransaxofon erzeugte.

Zu einem Jazzkonzert dieser Art gehört selbstverständlich eine Ballade. Die vier Musiker hatten sich dazu Leonard Bernsteins „Some Other Time“ ausgesucht und mit vielen lyrischen und feinfühligen Passagen interpretiert. Die Breuers haben ihre Fühler aber auch in Richtung Klassik und Romantik ausstreckt: Eine liedhaft-schöne Melodie von Franz Schubert aus seiner 5. Sinfonie gestalteten sie im Duo mit Sopransaxofon und Piano, improvisierten dabei über einen schwebenden Latin-Groove und ließen die Komposition sanft in Jerome Kerns Standard „I’m Old Fashioned“ übergehen, strukturiert durch Gesangspassagen Hermann Breuers im dunkel angerauten Timbre.

Zwischen den getragenen und den ekstatischen Teilen kam es immer wieder zum Swingen, wie in Cole Porters „I Love Paris“ zu hören war. Carolyn Breuer lieferte darin ein heißes Bebop-Solo mit vielen Zitaten und auch Michael Keul ließ seine Stöcke solistisch über die Trommeln und Becken wirbeln.

Für Bassist Ernst Techel gab es unter anderem in Carolyn Breuers „Frühlings Erwachen“ Gelegenheit, mit einem Solo zu brillieren. Nach ihrem swingenden „Synergy“ und dem „All Blues“ von Miles Davis ging ein musikalisch vielseitiger und energiegeladener Abend zu Ende.

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