Schubert und das kleine Mädchen

von Redaktion

Pianist Thomas Schuch spielt Tänze und Impromptus

Stephanskirchen – Der Pianist Thomas Schuch aus Stephanskirchen hat so viele einheimische Fans, dass die den Antretter-Saal gut füllten. Schon mit dem ersten Stück, dem „Impromptu c-Moll op.90/1“ von Franz Schubert, bewies er, was für ein ernster und tiefsinniger Interpret er ist.

Den sehr lang ausgehaltenen ersten Ton gestaltet er wie eine Verkündigungsfanfare, erzielt dann eine perfekte Ausgewogenheit zwischen dem Diskant und der Basslinie. Die Melodie, die sich über die murmelnde Bassbegleitung wölbt, wird hilfesuchend und verzweifelt innig. Das sich nur kurz auflichtende Dur hört sich geradezu wollüstig wohlig an. Gleich darauf wird’s nämlich düster hämmernd und alles mäandert hilflos durch alle möglichen Tonarten, gleichwohl in scharf markiertem Rhythmus: Das kleine Mädchen im roten Kleid in der ersten Reihe tanzt diesen Rhythmus auf ihrem Stuhl mit. Das Impromptu endet in einem trostlosen C-Dur-Akkord.

Die „12 Ländler“ op. 171 von Schubert verfeinert Schuch mit raffinierter Anschlagskunst und einem verhaltenen melancholischen Schimmer und gibt ihnen einen fast schon Chopin’schen Wermutstropfen: Das kleine Mädchen tanzt jetzt eifriger auf dem Stuhl und wackelt im Takt mit den Schultern. Die „Valses nobles op.77“ von Schubert begreift Schuch als große Konzertwalzer mit Verzögerung und Beschleunigung, mit pianistischer Rasanz und überfallartiger Klangmassierung, dann wieder mit sich wiegender Walzerseligkeit: Das kleine Mädchen schmiegt sich an die Mutter. Beim Schubert’schen „Impromptu op. 142/4“ hält es das kleine Mädchen fast nicht mehr auf dem Stuhl, so gepackt ist es von dem eigenwillig tanzenden Rhythmus.

Die „Valses nobles et sentimentales“ von Maurice Ravel aus dem Jahre 1911 sind Ravels Antwort auf die Schubert-Walzer. Schuch spielt sie farbig expressiv und explosiv und recht klangglitzernd: Das kleine Mädchen spielt mit den Fingern der Mutter, denn der Walzerrhythmus ist durch Ravel recht verschleiert.

Das Mädchen schlummert

bei Chopin

Die kleine Auswahl von Etüden und Préludes von Frédéric Chopin präsentiert Schuch sanft rauschend oder traumverloren, immer aber sehr ernst und vor allem ohne präpotentes Pianistengeprotze. Das kleine Mädchen ist im Arm der Mutter sanft entschlummert. Das „Nocturne op.15/12“ ist ein Traum, mit dem Silbergriffel aufgezeichnet: Das kleine Mädchen klatscht begeistert.

Den Abschluss bildet „Liebesleid“ von Fritz Kreisler in der Klaviertranskription durch Sergej Rachmaninoff. Darin herrscht von Rachmaninoff stark aufgemöbelte Wiener Caféhaus-Atmosphäre. Auch dies bekommt heftigen Applaus von dem kleinen Mädchen.

Als Zugabe gab’s noch ein Prélude von Rachmaninoff, von Thomas Schuch zupackend-rauschend vorgetragen.

Wie war’s?

Oskar Forstmeier aus Schloßberg: Insgesamt hat’s mir sehr gut gefallen. Ich bin stolz, dass ein Bürger aus unserer Gemeinde zu solchen Leistungen fähig ist. Ich hab ja selber Instrumente gespielt, im Vergleich zu Schuch natürlich völlig anfängerhaft. Ich liebe Musik, die zum Träumen anregt, zum Beispiel war ich vom ersten Stück, dem Schubert-Impromptu, total begeistert. Sehr gut hat mir auch das Nocturne von Chopin gefallen. Beim Rachmaninoff hab ich mir gedacht: Wie kann ein Mensch so was spielen! Ich hab immer den zweiten Pianisten gesucht, weil ich dachte, das muss ja vierhändig sein. Dem Publikum hat’s auch sehr gut gefallen. Es ist toll, dass in Stephanskirchen so ein Pianist möglich ist. Foto janka

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