Früchte eines verregneten Winters

von Redaktion

Konzert und Lesung „Ein Winter auf Mallorca“ Michael Atzinger und Yume Hanusch im Krippnerhaus Edling

Edling – Sie haben den Winter 1838/39 gemeinsam auf Mallorca verbracht: die emanzipierte und selbstbewusste Schriftstellerin George Sand und der Komponist Fréderic Chopin. Doch für Chopin, der sich auf der Insel eigentlich erholen wollte, waren die vier Monate eine Katastrophe. Der Komponist wurde krank und hätte ohne die fürsorgliche Pflege seiner Geliebten wohl kaum überlebt. Im Krippnerhaus Edling durfte das Publikum in einer Konzertlesung den „Winter auf Mallorca“ des ungleichen Paares nacherleben. Die Texte aus Reiseberichten und Tagebüchern las Michael Atzinger vom Bayerischen Rundfunk. Pianistin Yume Hanusch spielte dazu Klavierstücke von Chopin.

Kurz nach der Ankunft im November 1838 schwärmt George Sand von den heißen, sonnigen Tagen, von den mit Weintrauben belaubten Balkonen, vom Meer, Bergen und Palmen. Vor den Pariser Salons ist die Schriftstellerin mit ihren beiden Kindern und dem Geliebten nach Mallorca geflohen. Doch der vermeintlich warme und sonnige Süden entpuppt sich bald als unwirtlich, kalt und nass. Für die kleine Gruppe ist es schwer, eine Unterkunft zu finden. Die Gastfreundschaft der, wie Sand schreibt, denkfaulen und planlosen Mallorquiner, die in rauen Mengen Pfeffer und Knoblauch konsumieren, erschöpft sich in bloßen Worten, noch dazu hat das Haus keinen Kamin, sind die Räume kahl und zugig und ohne Fensterrahmen.

Chopin ist in einem gesundheitlich und moralisch schlimmen Zustand. Mit trockenem Humor macht er sich über die Unfähigkeit der Ärzte lustig, die ihn schon für tot erklären. Da Chopin an Schwindsucht erkrankt ist, fürchten die Vermieter um ihre Gesundheit und setzen die Gäste kurzerhand vor die Tür. Bereits im Februar verlässt das Paar, dessen wilde Ehe die Einheimischen mit Argwohn betrachtet haben, die trostlose Insel.

Yume Hanusch spielte die leisen, verwehten Préludes von Chopin mit großer Sensibilität und virtuoser Brillanz. Besonders berührend waren das „Regentropfenprélude“, aber auch die Ballade op. 38, die genial den zwischen düsterer Traurigkeit, Erstarrung und ruhiger Verzweiflung schwankenden Seelenzustand des Komponisten widerspiegelt. Michael Atzinger las die witzig-boshaften Passagen aus Sands Reisebericht mit wohlklingendem, ironisch distanziertem Tonfall.

Dass zu den Texten und Musikstücken stimmungsvolle Inselimpressionen zu sehen waren, vervollständigte den fein ausbalancierten harmonischen Gesamteindruck des Abends, für den alle Beteiligten begeisterten Beifall erhielten.

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