Burghausen – Der Gegensatz hätte zum Auftakt der 49. Jazzwoche Burghausen kaum größer sein können. Hier die Nachwuchsband Leléka mit der schüchternen Sängerin Viktoria Anton („Oh, wir haben noch nie vor so großem Publikum gespielt“), dort „Blood Sweat & Tears“ mit Frontmann Bo Bice, der selbstbewusst den Mikrofonständer schwingt. Beide machten ihre Sache hervorragend – jeder auf seine Weise.
Zuerst Ethno-Jazz
von Leléka
Zunächst gehörte das Scheinwerferlicht in der Wackerhalle dem Gewinner des Nachwuchsjazzpreises: Leléka. Der Ethno-Jazz klingt nach vertonter Poesie, die fließend in Jazzrhythmen und temporeichere Stücke übergehen. Die Stimme von Viktoria Anton geht dabei immer wieder unter die Haut. Die teils uralten Texte erzählen von Frauen, die ihre Männer auf dem Markt verkaufen (nicht ganz ernst gemeint), sich beim Beerenpflücken nach Partnern umsehen oder die einfach nur vom Brotbacken handeln.
Während die Musik von Leléka ganz im Zeichen von zeitgenössischem Jazz steht, ist dieses Genre für die amerikanische Kultband „Blood Sweat & Tears“ nur eine von vielen Zutaten in ihren mal bluesigen, mal funkigen Rockarrangements. Der Sound wird getragen von lauten, satten Bläserarrangements, obendrauf die Rockröhre von Frontmann Bo Bice.
„Blood Sweat & Tears“ gibt es seit 1967. Die Gründungsmitglieder sind heute weit über Siebzig – und damit auf jeden Fall älter als die meisten Zuschauer an diesem Abend. Von der Originalbesetzung stand in Burghausen aber niemand mehr auf der Bühne. „Blood, Sweat & Tears“ haben im Laufe der Jahre etliche Umbesetzungen, Auflösungen und Erneuerungen durchlebt.
Was hatte also die neun Mann starke Truppe auf der Bühne der Wackerhalle im Angebot? Eine Reminiszenz an eine Band, die mit Hits wie „You’ve made me so very happy“ sechs Wochen lang in Großbritannien in den Charts war oder die in den USA mit „Spinning Wheel“ für 13 Wochen Platz zwei belegte? Die Bandmitglieder haben zwar gewechselt, aber der Sound ist bis heute unverkennbar. Vor allem in den Soli, in denen Elemente aus Funk, Jazz und Rock verschmelzen, katapultieren Bice & Co. die Besucher im Nu wieder 50 Jahre zurück. Ken Gioffre brillierte am Tenorsaxofone, duellierte sich mit Brad Mason an der Trompete. Der wiederum lieferte sich mit Trompeter Jonathan Powell staccatoartige, teilweise harte Bläserattacken. In Songs wie „Go down gamblin“ und „Lucretia McEvil“ spielten sich die Bläser kurz mal die Lunge aus dem Leib und die Köpfe rot. Keyboarder Glen McClellen, Bassist Ric Fierabracci und Dave Gellis an der E-Gitarre untermauerten neben eigenen Soloeinlagen den Rhythmuspart. Eine akrobatische Show in der Show lieferte Drummer Dylan Elise mit einem fulminanten Solo.
In dieser Melange gaben sich Hits wie „Hi-De-Ho“, „God bless the child“, natürlich „Spinning Wheel“ und auch „You’ve made me so very happy“ die Hand. Balladen wie „Sometimes in winter“, bei der Bassist Ric Fierabracci am Mikrofon stand, oder auch „I love you more than you’ll ever know“, das wie gemacht ist für die Stimme von Bo Bice, sorgten für wunderbar bluesig angehauchte Momente. Und das alles bis auf den letzten Ton perfekt durcharrangiert.
Den Ovationen des begeisterten Publikums zum Trotz: Genau diese Perfektion war es, die am Ende die letzte Emotion ein wenig erdrückte. Vielleicht war es aber auch die zu coole Performance von Bo Bice, die verhinderte, dass auch beim letzten Besucher in der Wackerhalle der Funke übersprang.