Oberaudorf – Wie „Honig im Kopf“ fühle sich die Alzheimer-Krankheit an, sagt Opa Amandus zu seiner geliebten Enkelin Tilda, die er immer seine „Principessa“ tituliert. Nur sie fühlt mit dem kranken Opa mit, ihre Eltern sind eher genervt. Als sie erwägen, ihn in ein Pflegeheim zu geben, macht sich Tilda mit dem Opa auf seine letzte große Reise in die Stadt der Liebe, in der er seiner damaligen Frau den Heiratsantrag gemacht hat: eine Reise mit lustigen Wirrnissen und seine letzte Station im bewussten Leben.
Dieses Stück mit dem Titel „Honig im Kopf“ von Florian Battermann nach dem gleichnamigen Film von Til Schweiger ist wahrlich kein gewöhnliches Stück für ein Bauerntheater. Das Audorfer Bauerntheater hat es gewagt. Im Kursaal fand die Premiere vor halbem Haus statt. Diesem intensiven, anrührenden und zwischendurch auch lustigen Theaterstück wären mehr Zuschauer zu wünschen. Es betrifft ja uns alle.
Die Schwierigkeit der vielen schnellen Szenenwechsel lösen die Audorfer mit dem schnellen Umbau auf offener, aber verdunkelter Bühne (Bühnenbau: Schorsch Fankhauser, Maria Fritz und Team). Das klappt immer reibungslos und oft überraschend, wenn plötzlich ein Waschbecken montiert wird oder gar eine ganze Bahnhofstoilette zusammengebaut wird. Die wenigen Möbelstücke werden durch Rückprojektionen komplettiert, die den Bühnenraum illusorisch erweitern. Völlig logisch wird es, wenn ein kurzer Film eingespielt wird, in dem Opa Amandus sein Krankheitsgefühl erklärt und Opa und Enkelin dann Hand in Hand auf dem Bahndamm entlang spazieren.
Die Regisseurin Angelika Bleier lässt das Bühnengeschehen sorgsam genau ablaufen. Manches könnte noch stärker betont und intensiver gespielt sein. Aber alle Schauspieler wachsen im Lauf des Abends immer besser in ihre Rollen hinein.
Das Zentrum des Spiels ist von Anfang an Miriam Westermeier als die 14-jährige Tilda: Sie ist hochlebendig, frisch und natürlich, mitreißend temperamentvoll und rührend in ihrer unwandelbaren Liebe zum Opa. Den spielt Helmut Adlmeier mit weißem Haarschopf und weißem Rauschebart. Je müder, vergesslicher und verzweifelter er wird, desto intensiver wird sein Spiel.
Auch Martin Baumann und Christina Fankhauser als Tildas Eltern eigenen sich ihre Rolle im Laufe des Spiels immer besser an. Steffi Owen spielt mit Bravour viele kurze Rollen als Polizistin, als Nonne und als italienisch sprechende Carabinieri und Rezeptionistin. Auch Dennis Schönauer mimt mehrere Rollen: einen Polizisten, den türkisch-südtirolerischen Putzmann und den italienischen Rezeptionisten. Susi März als Kinderärztin und Mutter Oberin muss immer bedeutsam sprechen ebenso wie Schorsch Fankhauser als Pastor und Arzt.
Der Schluss in Venedig, als Opa Amandus nicht mal mehr seine „Principessa“ erkennt und dann sein Tod lassen im Publikum so manche heimliche Träne rinnen: In Oberaudorfs „Bauerntheater“ einmal ganz anders. Und das ist gut so.