Meisterkonzerte

Virtuose Klarheit und Leidenschaft

von Redaktion

Geigerin Isabelle Faust brillierte mit Schwedischem Kammerorchester im Kultur- und Kongress-Zentrum

Rosenheim – Selten hört man das Violinkonzert von Brahms mit solcher Klarheit, Durchsichtigkeit und Frische. Die Geigerin Isabelle Faust spielte das 1879 von Joseph Joachim uraufgeführte Werk im Rahmen der Meisterkonzerte im Kultur- und Kongresszentrum. Einen ebenbürtigen Partner hatte sie im Schwedischen Kammerorchester unter der Leitung von Thomas Dausgaard. Neben Brahms Klassiker stand auch noch nach der Pause seine e-Moll Sinfonie und zu Beginn ein Stück des zeitgenössischen schwedischen Komponisten Albert Schnelzer auf dem Programm.

Bereits mit der Ouvertüre „A freak in Burbank“ von Albert Schnelzer zeigte das Schwedische Kammerorchester die große Bandbreite seiner Ausdrucksmöglichkeiten. Von hellen, duftigen Trillern der Flöten und unruhig flirrendem Weben der Streicher bis hin zu kraftvoll vorwärtsdrängenden, stampfenden Blechbläsereinschüben schuf das Orchester einen fesselnden Klangkosmos. Dass die Musik Haydns auf das recht unvermittelt endende Werk einen großen Einfluss ausgeübt hat, konnte man an der Verspieltheit und dem vielfältigen musikalischen Ideenreichtum heraushören.

Dann betrat Isabelle Faust die Bühne. Anders als manche Geigenvirtuosen spielte die gebürtige Esslingerin schon im Allegro non troppo völlig unprätentiös mit einer Direktheit und Unmittelbarkeit, die den Hörer beglückte. Nach dem langen sinfonischen Beginn des ersten Satzes mit zart bewegten Streichern und Oboenklängen, mächtigen Tutti und kunstvollen figurativen Überleitungen brachte Isabelle Faust das Hauptthema virtuos und ausdrucksstark und zugleich mit fast kammermusikalischer Intimität zu Gehör. Dass die große Kadenz von einer Pauke begleitet wurde, war für den Hörer eine ungewöhnliche, aber reizvolle Überraschung. Dirigent Dausgaard, der sein Orchester schwungvoll und präzise leitete, stand mit der Solistin oft im Blickkontakt und verband sich mit ihr zu einer perfekt aufeinander abgestimmten Einheit.

Anrührend war das kantable, farbenreiche Adagio. Lyrisch im zarten Bläsersatz klang das Thema der Oboe, das Isabelle Faust träumerisch umspielte. Die von der Geigerin dialogisch deklamierten Moll-Regionen des Mittelteils verströmten berückenden Wohllaut. Das heftig umjubelte Finale, dessen folkloristisch-ungarischer Tonfall mitriss, interpretierte die Geigerin mit eruptiver Kraft und virtuoser Leidenschaft. Ihre Zugabe, ein feinsinnig zartes, technisch höchst anspruchsvolles Stück von Kurtag mit hohen, kaum mehr hörbaren Tönen, bildete zu Brahms einen merkwürdigen Kontrast.

In der e-Moll Sinfonie Nr. 4 durfte das Schwedische Kammerorchester noch einmal seine überragende Klangkultur demonstrieren. Das weich wogende Piano des Hauptthemas im Allegro non troppo mit der schönen Cellomelodie, den Pizzicato-Passagen der Streicher und den schmeichelnden Bläsern gipfelte in dramatischen musikalischen Steigerungen. Klangsatt spielten die Streicher im zweiten Satz, in dem das gravitätisch schreitende Holzbläserthema gefangen nahm. Tänzerische Kraft besaß das Allegro giocoso, das durch eine glitzernde Triangel zusätzlich Farbe erhielt. Im Finale, das sich soghaft in einem energischen Schluss kulminierte, bewegten das zarte Flötensolo und der weihevolle Posaunenchoral. Als fetzige Zugabe nach dem stürmischen Beifall brachten die Schweden die „Ungarische Tänze“ Nr. 5, 6 und 13.

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