Wasserburg – Dieser Abend in der Klosterkirche von Attel war eine Gelegenheit zum Genießen. Es war nachzufühlen, wie ein festtäglicher Kirchenbesucher die Musik aus der Empore empfinden mag, wenn er, eingebettet ins Messgeschehen, ins strahlende Dur hineinhört, in dessen Wiederkehr.
Im zweistündigen Konzert, gleich ob im Saal oder im Kirchenraum, wird der Zuhörer stärker gefordert als im gottesdienstlichen Geschehen. Vielleicht sucht er zu differenzieren: Was spricht an, was gefällt mehr oder weniger? Denn Peter Adler lehrt uns im Programm, was ein „echter Abraham Megerle“ ist aus den Noten seiner Wahl. Doch darüber hinaus durfte man vergessen, was wissenschaftlicher Geist ergründet – und einfach zuhören. Letztlich erwies sich alles, ob eine „Missa Sancti Stephani“, ob die verschiedenen Motetten, ob Offertorien, als Ausdruck eines umfassenden Salzburger Barockstils in mehr oder weniger erkennbarer Abwandlung. Der Geist der Zeit bestimmte das musikalische Geschehen über alle individuellen Eigenheiten hinaus. So könnte der Hörer von heute empfinden.
Also nun zu diesem Abend: Beschwingende Leichtigkeit der Chorstimmen, wie selbstverständlich die Erfassung selbst schwieriger musikalischer Konstruktion; locker im Rhythmus (welch diesbezügliche Vielfalt, wenn man die Kirchenmusik späterer Zeiten entgegenhält!); strahlender Trompetenklang (Peter Adler hatte hier aus der Partitur heraus ergänzt und die Kunst der Grassauer Bläser genutzt). Zudem wirkten mit fünf Gesangssolisten von Rang wie die Sopranistinnen Maria Erlacher und Pauline Petit; Markus Forster als Altus, Hermann Oswald als Tenor und der hier so bekannte Thomas Hamburger im tiefen Metier; und letztlich Streicher, die mit samtenem Strich Chor und Soli untermalen halfen.
Wiederholtes Dur, unterbrochen von Ausflügen in Dominante oder Subdominante, könnte das ermüden? Nicht, wenn ein „Exaltabo te Domine“ in g-Moll mit rhythmischer Kraft, mit punktierten Noten erfrischt, in einem „Credo“ düsterere Töne angeschlagen werden, Modulationen ein „Laudate“ beleben.
Man lernte an diesem Abend nachzufühlen, weshalb Adler von Abraham Megerle wie gebannt ist, in seinen Recherchen immer wieder neues Notenmaterial findet, es bearbeitet. Und so ist dieser Komponist fast sein alter ego geworden, ist jede Entdeckung seine eigene Kreation, die er aus Chiemgauer Musikfülle präsentiert. So wurde Megerles Musik im Verein mit der seiner Zeitgenossen ein zeitloser Schatz, gehoben aus Salzburgs Musiktradition. Ja, Begeisterung trägt Peter Adler, Überzeugung, wenn er, wie kürzlich im Rundfunkinterview, entschieden seine Position von Abraham Megerles Dominanz im Salzburger Musikleben vertrat. Diese Musik ist es wert, dass Experten über sie disputieren!