Chiemgauer Interferenzen

Direkt vom Schiff in die Partitur

von Redaktion

Stipendiaten feiern im Sawallisch-Haus und im Kulturzentrum Traunstein großen Konzerterfolg

Grassau – „Die Welt braucht nicht nur gute Instrumentalisten, sie braucht vor allem gute Musiker“, so die Philosophie der „SoNoRo“-Interferenzen. Das vor zwölf Jahren als Ableger des rumänischen „SoNoRo“-Festival gegründete Jugendförderprogramm für besonders begabte Jugendliche im Alter von 13 bis 30 Jahren ging zum dritten Mal aus der bereits etablierten Initiative aus dem Chiemgauer Musikfrühling in Traunstein über die Bühne.

Zwei Konzerte, eines im Sawallisch-Haus und eines im Kulturzentrum Traunstein, fanden mit Unterstützung des Rumänischen Kulturinstituts und dem Bezirk Oberbayern statt. Die vielen musikbegeisterten Konzertbesucher konnten über das bereits hohe spieltechnische Niveau der Stipendiaten aus Rumänien, Belgien, Spanien und Deutschland staunen.

Wachstum und Reife sollen die jungen Talente im konzertanten Zusammenspiel mit weltbekannten älteren Kollegen erfahren. Denn wie Razvan Popovici, Leiter des Chiemgauer Musikfrühlings erklärte, „ist das Musizieren mit bereits arrivierten Musikern von eminenter Wirkung, gibt den jungen Musikern Schliff und ist Motivation zur weiteren Entwicklung“.

Ein Konzept, das aufgeht und das so ganz im Sinne der Sawallisch-Stiftung ist, findet Stiftungsvorsitzender Robert Höpfner, der sich über die guten Besucherzahlen im Kammermusiksaal des ehemaligen Wohnhauses des Dirigenten Wolfgang Sawallisch freute.

Wie erfüllend es sein muss, Talent und Berufung ausüben zu dürfen, konnte man beim Vorspiel der „Barcarolle für Klavierquartett“ von Camille Saint-Saens erleben: Mikko Pablo (Violoncello), Indira Nezami (Klavier) und Iulia Goiana (Viola) zelebrierten das Werk zusammen mit der Dozentin Tatiana Samouil (Violine) mit spürbarer Musizierfreude.

Die schwungvollen Motive, aufbrausend kraftvoll, dann wieder sacht abflauend, schien Wind aufkommen zu lassen und passten so ganz zum Wetterumschwung der sich zu Konzertbeginn mit dunklen Wolken am Himmel angekündigt hatte: Frische Abkühlung nach anhaltender Schwüle – brillant und gefühlvoll interpretiert.

So auch die im Anschluss von Indira Nezami (Klavier) und Cornelius Zibro (Violoncello) interpretierte Schubert-Sonate, das Arpeggione für Violoncello und Klavier, welche die beiden mit für das Alter unfassbarer Souveränität zum Besten gaben. Beim Hörgenuss des Klaviertrio Nr.2 in c-Moll von Mendelssohn Bartholdy, welches Malina Ciobanu (Violine) und Cornelius Zibro (Violoncello) zusammen mit Dozentin Diana Ketler (Klavier) kredenzten, fragte man sich, warum dieses Werk stets im Schatten des weitaus bekannteren Klaviertrios Nr. 1 steht. Im Sawallisch-Haus jedenfalls schien, gemessen am großen Applaus, die „Nr. 2“ an erste Stelle zu rücken. Mit gleich sechs Musikern auf der kleinen Bühne mussten die Gäste in der ersten Reihe achtgeben, nicht die Bogenführung der Streicher zu behindern.

Die Publikums-Nähe störte nicht im Geringsten bei Mozarts Grande Sestetto KV 364. In diesem „Hit für Bratschisten“ konnte die junge Iulia Goiana an der Seite von Dozent Razvan Popovoci, Dozent Alexander Buzlov, Soma David-Kacso (Violoncelli), Malina Ciobanu und Bianca Pomparau (Violinen) und ihr Können zeigen. Nach einer kurzen Pause ging es passend zur fortgeschrittenen Abendstunde mit dem Notturno für Klaviertrio weiter, ein „spätes“ Werk Schuberts, das hingebungsvoll von der Stipendiatin Bianca Pomparau im Zusammenspiel mit den Dozenten Diana Ketler und Alexander Buzlov dargeboten bei den Gästen großen Gefallen fand.

In der Reihe der sonst sehr bekannten Komponisten des Interferenzen-Programms war der französische Komponist Jean Cras eine sehr hörenswerte Neuentdeckung. Sein äußerst variationsreiches und vielschichtiges Trio für Violine, Viola und Violoncello mit impressionistischen Klangfarben war der heimliche Höhepunkt des Konzerterlebnisses, wobei dem Werk der Ort seiner „Entstehung“, nämlich auf einem Schiff, deutlich anzuhören war. Den Violoncello-Part hatte neben Popovici und Samouil der junge Soma David-Kacso mit Bravour gemeistert.

Fulminante

Dramatik

Mit fulminanter Dramatik setzten Stipendiaten und Dozenten in großartigem Zusammenspiel noch einen klangvollen Schlusspunkt: Brahms berühmtes Klavierquartett Nr.1 in g-Moll op. 25 hätte Wolfgang Sawallisch, der gerade als hervorragender Brahms-Dirigent bekannt war, sicherlich sehr gefallen.

Christian Ratiu (Viola) und Alenandru Lazar (Klavier) begeisterten mit bemerkenswerter Virtuosität und schienen im Zusammenspiel mit den Dozenten Samouil und Buzlow regelrecht über sich hinauszuwachsen. Riesenapplaus für ein rundherum gelungenes Kammerkonzert im Rahmen einer großartigen Idee.

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