Oberreit in Feldkirchen-Westerham

von Redaktion

„Die freundliche Dame vom Tisch rechts hinten hat gemeint, die Aussprache und Betonung des Ortsnamens Oberreit könne man am besten singend präsentieren“, berichtet Oberkellnerin Susannah in einer bekannten Münchner Gaststätte. Auf den ermunternden Blick des Autors hin stimmt Susannah das „O“ in tiefer, das „-ber“ in etwas höherer und das „-reit“ in hoher Stimmlage an! Damit ist klar: Betont wird das Wortelement -reit, das zudem mit dem in der Opernsprache und dem in vielen Kultursprachen – Bairisch! – üblichen gerollten r zu artikulieren ist. Der Autor hatte sich gedacht: Wer könnte Oberreit denn besser aussprechen als die zwar nicht direkt aus Oberreit, aber aus dem Gemeindebereich Feldkirchen-Westerham, in dem Oberreit liegt, gebürtige Dame, die im übrigen überaus prominent ist?

Oberreits genaue Lage beschreibt der Heimatforscher Arnold Dollt in seiner Chronik „Unter- und Oberreit, Altenburg, Aschbach und Hohenfried“ aus dem Jahre 2006: „Von Feldkirchen in Richtung Großhelfendorf befindet sich – oberhalb des sogenannten Feldkirchener Berges – nach etwa 1,5 km rechts der Staatsstraße 2078 die in sich geschlossene Ortschaft Unterreit (614 m ü.N.). Von hier aus führt der Weg nach der Überquerung der St. 2078 in westlicher Richtung nach etwa 0,5 km nach Oberreit (620 m ü. N.)“.

Immerhin sechs Höhenmeter trennen also Ober- und Unterreit voneinander! Arnold Dollt verfolgte mit seiner umfassenden Chronik über den oberen Teil der Gemeinde Feldkirchen-Westerham das Ziel, „primär die Besitz- und späteren Eigentumsübergänge (…) nachzuweisen“. Daneben äußert sich Dollt auch über die Namensgebung bei den von ihm besprochenen Ortschaften. Den Namen „Reit“ weist er der letzten Rodungswelle zu, „die etwa vom 10. bis 12. Jahrhundert dauerte (…)“. Er erwähnt hierzu neben -reit auch die Wortelemente -reut und -ried.

Dabei bestehen hier interessante dialektale Unterschiede, sogar über das gesamte deutsche Sprachgebiet hinweg!

Unsere beiden Reit-Orte tauchen in der Historie erstmalig im 12. Jahrhundert auf, und zwar als „Ruth“ (Traditionen = Übergabe-Bücher von Herrenchiemsee), „Riute“ (Traditionen von Berchtesgaden) und „Ruthe“ (Codex Falkenstein). Ihnen liegt das mitttelhochdeutsche Wort „riuti“ zugrunde, welches „durch Roden urbar gemachtes Land“ bedeutet und sich in späteren Jahrhunderten zu „reut“ und noch später zu „reit“ wandelte.

In unserer Gegend existieren dabei reut- und reit-Orte nebeneinander. Einerseits gibt es neben Ober- und Unterreit ein Reit bei Bernau oder Wildenwart, andererseits haben wir ein Reut bei Pfaffenhofen sowie die Orte Vogtareuth und Ziegelreuth. Aber die Aussprache lautet einheitlich „reit“.

Im „Deutschen Ortsnamenbuch“ werden auch die nord- und mitteldeutschen Varianten -rode, -rade, -rada genannt: Wernigerode, Radevormwald, Stadtroda. Die reit-Orte aber vor allem Österreich zuzuweisen, können wir nicht bestätigen. Am besten erheben wir hier zusammen mit der oben genannten kompetenten Dame Einspruch. Ein Wort von Ilse Aigner hat bestimmt auch in der Ortsnamenforschung Gewicht!

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