Rosenheim/Wasserburg – Am Samstag, 15. September, wird Rainer Heilmann, Gründer und Leiter des Jugendorchesters „Die Arche“, während eines Konzertes im Ballhaussaal aus den Händen von Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer den Musikpreis der „Kultur- und Sozialstiftung Dr. Michael Stöcker“ empfangen. Seit 30 Jahren führt Rainer Heilmann mit jugendlichen Musikern gewichtige Werke der Klassik, aber auch der populären Musik auf und bietet jungen Solisten ein Podium für die ersten Auftritte. Heilmann ist kurz vorher von einer Probenwoche mit der „Arche“ in der Toskana zurückgekommen.
Lieber Herr Heilmann, können Sie uns etwas über Ihr Leben und Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
Rainer Heilmann: Geboren bin ich 1958 in München, aufgewachsen in Traunstein, da hab ich auch meine ersten Erfahrungen mit Musik gemacht, über meinen Vater, der selber leidenschaftlicher Cellist und Pianist war. Von dort aus hab ich als Jungstudent in Salzburg Unterricht gehabt. Die drei letzten Gymnasium-Jahre hab ich, weil mein Vater nach Rosenheim versetzt worden ist, am Ignaz-Günther-Gymnasium verbracht.
Haben Sie Musik studiert?
Ich hab zuerst Musik-Tonmeister studiert, in Detmold gibt’s so ein kombiniertes Studium. Aber irgendwann hab ich gemerkt, nur aufnehmen und hinterher Fehler ausmerzen, das ist gar nicht das, was ich wirklich will.
Wie sind Sie zum Unterrichten gekommen?
Irmgard Miehle, Musiklehrerin am Karolinen-Gymnasium, hatte gerade ihren Mutterschaftsurlaub angetreten und ich bin von ihr gefragt worden, ob ich ihren Unterricht übernehmen könne. Das Tonmeister-Dasein und dieser Musikunterricht liefen dann ein paar Jahre parallel.
Vor 30 Jahren haben Sie dann Ihr Jugendorchester „Die Arche“ gegründet.
Eigentlich schon vor 31 Jahren. Es war kurz vor Ostern, ich hatte da in Wasserburg und Rosenheim Schüler, die gute Musiker waren. Und da hab ich gesagt: „Wisst’s was, wir treffen uns in den Ferien, da machen wir mal was Anspruchsvolleres!“ Es war die „Simple Symphonie“ von Benjamin Britten – durchaus anspruchsvoll! Das hat ihnen dann Spaß gemacht. Dann hab ich gesagt, treffen wir uns mal am Ende der Sommerferien, da sind wir nach Amerang gegangen, haben in einer Turnhalle übernachtet, so matratzenlagermäßig, und haben alles mögliche versucht zu spielen. Das hat ihnen wieder so viel Spaß gemacht, dass wir uns dann regelmäßig getroffen haben, in verschiedensten Lokalitäten. Unsere Heimat für 20 Jahre war der Saal im Bürgerheim St. Martin.
Benutzen Sie immer die Original- oder die für Schulorchester bearbeiteten Partituren?
Es ist mir extrem wichtig, die originale Orchesterbesetzung den jungen Musikern nahezubringen und sie erleben zu lassen, was daraus für eine Leuchtkraft da entsteht.
Verlieren die jungen Musiker manchmal die Lust, weil es zu schwer ist?
Ich habe den Eindruck, dass ich ihnen sehr viel Zuversicht vermitteln kann, dass es dann schon auch wird. Ich bin eigentlich sehr zufrieden damit, dass es Leute gibt, die bei anderen Jugendorchestern, zum Beispiel in München, spielen und dann sagen, dass es sich eigentlich überhaupt nicht unterscheidet, was die musikalische Qualität und die gemachte Arbeit angeht. Manche haben mir signalisiert, dass in der „Arche“ eigentlich viel intensiver geprobt wird und sehr viel mehr rausgeholt wird.
Wie mischen sich die Anfänger und die schon ziemlich guten Musiker? Gibt’s da manchmal Reibereien?
Ich möchte sagen: Mir gelingt’s, dass die jungen Musiker untereinander das Gefühl haben, dass sie sich gegenseitig stützen können. Die Erfahreneren machen bei den Probentagen, wie jetzt gerade in Regello in der Toskana, die Einzelproben und begreifen dann auch die Verantwortung, dass sie als Erfahrene den anderen weiterhelfen können. Deswegen artet das nicht in einen Konkurrenzkampf aus, sondern ist ein gegenseitiges Unterstützen. Florian Eutermoser aus Neubeuern, der jetzt im Staatstheater am Gärtnerplatz spielt, hat mal gesagt, es sei erstaunlich, wie aus einem so amorphen Gebilde alles sich dann doch zusammenfügt und ein Orchester wird.
„Die Arche“ ist das Sprungbrett für viele Solisten. Sprechen diese Sie an oder kommen die zu Ihnen?
Teilweise wachsen die aus der „Arche“ heraus. Eigentlich war es fast immer so, dass die gekommen sind, um was machen zu wollen. Der Herbert Schuch ist damals gekommen und wollte Tschaikowsky machen, davor wollte die Rita Zimmermann das Grieg-Klavierkonzert machen.
Herr Heilmann, Sie sind jetzt 60 Jahre alt geworden: Was haben Sie noch für Pläne?
Die Energie-Batterie ist noch gut geladen. Ich plane aber inzwischen schon, die Arbeit des Jugendorchesters der Stadt Rosenheim zu erhalten, vielleicht in einer Art Orchester-Schule…
…die von der Stadt Rosenheim finanziert wird?
Davon träume ich nicht (lacht). Die Verbindung zu der Musikschule könnte noch stärker sein. Das wäre auch interessant für die Innphilharmonie.
Eine kritische Frage: Berlioz‘ „Symphonie fantastique“ am Samstag im Konzert – ist das nicht ein bisschen hochgegriffen?
Ist es. Aber ich wollte es mal machen, und man kann daran enorm wachsen. Das ging aber auch nur in Verbindung mit einer solchen Probenwoche wie jetzt in der Toskana. Ich kann aber sagen, dass wir sehr weit gekommen sind.
Wie ist es eigentlich zu dem Namen „Die Arche“ gekommen?
Es lag natürlich nahe: Jugendorchester Rosenheim. Aber das ging nicht, wie nicht nur junge Leute mitgespielt haben. Dann sind mir verschiedene Namen durch den Kopf gegangen: Orchester „Der Baum“ oder irgend so was. Und irgendwann hab ich mir gedacht: „Die Arche“ – weil es eben ein Auffangbecken sein kann für all diese Leute. Interview: Rainer W. Janka