Bad Aibling – Im kleinen Kursaal genießt der Kunstkenner die präsentierte Musik pur. Keine Elektronik transportiert die Klänge vom Instrument zum Zuhörer. Und um sich keinen Ton des außergewöhnlichen Gitarren-Duos Anabel Montesinos und Marco Tamayo entgehen zu lassen, wagten die Zuhörer kaum, zu atmen.
Der Berichterstatter muss zugeben, dass ihm bei der Beschreibung allmählich die Adjektive ausgehen. Der kubanische Gitarrist, der am Mozarteum zu Salzburg und an der Musikhochschule zu Klagenfurt eine Professur als Musikpädagoge und Gitarrenlehrer innehat, zeigte auch als Solist, dass er die Grenzen seines Instrumentes stets auslotet und erweitert. Seine spanische Gattin steht ihm dabei in nichts nach. Auch sie entfaltete als Solistin eine Melodienpracht, die atemlos machte.
Die Szenen aus Mozarts Zauberflöte, die sie mit tanzenden Fingern und unglaublichen Tempi-Wechseln vorstellte, zeigten, warum sie schon in jungen Jahren als Wunderkind galt und seither auch bei hochrangigen Orchestern eine begehrte Musikerin ist.
Marco Tamayo bewies als Solist ebenfalls, dass er schon alleine ein musikalisches Erlebnis ist. Mit „Italica famosa“ präsentierte er seine unglaubliche musikalische Wandlungsfähigkeit. Auf seiner Gitarre erklangen zunächst elegische, dann schwungvolle, schließlich wirbelnde Melodien, die im Wechsel von der italienischen Tarantella zum spanischen Flamenco und weiter zu andalusisch-arabischen Impressionen fanden. Wer dabei die Augen schloss, konnte nicht sicher sein, ob dort eine spanische Gitarre, eine Mandoline oder eine arabische Oud erklang. Die Virtuosität, mit der Tamayo gleich einem Kolibri die Saiten hauchen oder wie eine Posaune dröhnen ließ, bannte die Zuhörer.
Im Duo gemeinsam gibt es kaum einen Musikstil, den sie nicht beherrschen und veredeln. Zunächst ließen sie gemeinsam Rossinis „Barbier von Sevilla“ in den verschiedenen Szenerien erklingen. Mit dem Klassiker „Oriental“ von Enrique Granados und einer Eigenbearbeitung von Debussys „Golliwogg’s Cake-Walk“, einer Ragetime-Komposition, bewiesen sie einmal mehr, wie differenziert sie mit ihren Gitarren umzugehen wissen.
Mit einem weiteren Werk von Rodrigo ließen die beiden die Themen paraphrasierend von Instrument zu Instrument springen, um sich schließlich symbiotisch in einem gemeinsamen Reigen zu finden. Den Fandango aus dem D-Dur Quintett von Luici Boccherini, in welchem gleich einem Kanon die Themen sich ergänzten, übersprangen und wieder korrelierten, übertrafen sie noch mit einem träumerischen Sonatensatz von Giacomo Paganini.
Bevor das Publikum die beiden entließ, forderte es natürlich das sensationelle, vierhändige Stück auf einer Gitarre. Das Rondo „Alla Turca“ von Wolfgang Amadeus Mozart wurde wohl noch von niemandem auf gleiche Weise gespielt.
Ob in der Folge „Penny Lane“ von den Beatles, Präludien aus Bachs „wohltemperiertem Klavier“ – die zwei bewiesen, dass sie sich bei aller Präzision durchaus nicht immer ernst nehmen. „Wenn es eine Sprache der Musik gibt“, so Tamayo, „dann muss es in ihr auch Humor geben“: Unglaubliche fünf Zugaben forderte und bekam das Publikum an diesem denkwürdigen Abend.