Rosenheim – Stockdunkel ist es im Saal. Des Sehsinns beraubt, konzentriert sich das Publikum auf das, was es hört: Pfeifender Wind, Kettengerassel, dumpfe Schläge, durchdringende Schreie, klappernde Hufe. Spontan drehen sich viele Besucher in die Richtung, aus der die „Wilde Jagd“ zu kommen scheint. Abrupt kehrt wieder Stille ein. Das Licht geht an. Für einen Augenblick bleibt das Publikum seinen Gedanken überlassen.
Mehr als 200-mal wurde die „Bayerische Rauhnacht“ nach seiner Uraufführung im Jahr 1996 auf die Bühne gebracht und vielfach ausgezeichnet, unter anderem im Jahr 2004 mit dem deutschen Rock- und Pop-Preis. Nach zwölf Jahren Pause hat sich die in Kirchseeon beheimatete Folkrock-Band „Schariwari“ nun erneut mit Regisseur Matthias von Stegmann zusammengetan, um das Stück wieder auf die Bühne zu bringen.
Das Musiktheater erzielt mit einfachen Mitteln große Wirkung. Dahinter agiert aber geballte Kompetenz mit ausgeklügelter Licht- und Tontechnik. Dreh- und Angelpunkt des Stücks sind die beiden Hauptdarsteller: Maresa Sedlmeir, Urenkelin von Paul Hörbiger und Nichte von Christian Tramitz, verkörpert den hanseatischen Zaubertroll quirlig-lebendig, kindlich-naiv und menschlich-liebenswert. Johann Schuler, bekannt durch viele bayerische Filme, setzt ihrem Temperament als bayerisches Holzmandl souveräne Ruhe entgegen. Schuler gibt nicht den schrulligen Märchenonkel, sondern einen weisen Mann, der schon alles erlebt und den nichts mehr erschrecken kann.
Professionelles Können zeichnet auch Eric Brown aus. Der klassische Tänzer aus San Diego mimt den Tod und die Hexe. Trotz seiner 69 Jahre tanzt und wirbelt er mit unglaublicher Leichtigkeit über die Bühne.
Die Musik sorgt zusätzlich für die richtige Atmosphäre. 40 Jahre steht die Band „Schariwari“ bereits auf der Bühne. Günther Lohmeier ist Mann der ersten Stunde. Sein Soloauftritte als Sünder in Ketten und mit dem Tod im Hintergrund bescherten der Rauhnacht im Kultur- und Kongress-Zentrum einen besonders schaurig-schönen Moment.
Für die Neuauflage wurde das Mystical behutsam überarbeitet: Die Songs von „Schariwari“ sind größtenteils gleich geblieben, aber im Rhythmus etwas rockiger. Der Humor wurde dem heutigen Zeitgeist angepasst, beispielsweise erfährt man, welche Strafe einen Zaubertroll ereilt, der ein Dieselfahrverbot für Flugbesen verhängt: „Er hat jetzt einen Ferienjob im Garten von Ilse Aigner.“