Sehen lernen vom Schattenfotografen

von Redaktion

Fotoausstellung von Sepp Siferlinger für Schwarz-Weiß-Feinschmecker im „Vivarium“ Höslwang

Höslwang – Zugegeben: Der Begriff „Schattenfotograf“ ist übernommen von der „fragmentarischen Autobiografie“ des Schriftstellers Wolfdietrich Schnurre (1920 bis 1989) aus dem Jahr 1978. Schnurre gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Gruppe 47“, des nach dem Krieg bis 1968 meinungs- und stilprägenden Autorenkreises unter Vorsitz von Hans-Werner Richter. Kennzeichnend war eine nüchterne Sprache. Fotos in den Medien waren damals überwiegend schwarz-weiß.

So liest sich auch die Bildsprache von Sepp Siferlinger. Regelmäßig sind seit Jahrzehnten die SchwarzWeiß-Fotografien des Höslwanger Fotoflüsterers in den Mitgliederausstellungen des Rosenheimer Kunstvereins zu sehen. Er bemerkt Strukturen in der Natur, an denen andere achtlos vorbeigehen, Gegenstände, die skurrile Schatten werfen und so parallel ein faszinierendes neues Abbild ihrer selbst projizieren. Siferlinger arbeitet mit Kameras im Format sechs mal sechs Zentimeter und macht seine Abzüge im eigenen Labor: „Intensiv mit der Fotografie habe ich mich seit Anfang der 1980er-Jahre beschäftigt“, sagt der 67-jährige Landwirt.

Seine 13 Fotos, die im Café-Restaurant „Vivarium“ zu bewundern sind, bestechen wie immer durch ihre Klarheit des Ausdrucks, durch den gewählten Bildausschnitt und dem Spiel von Licht und Nichtlicht – sprich von Hell und Dunkel, von Sonne und Schatten. Siferlingers Schattenspiele sind beeindruckende Beispiele, dafür, was Schwarzweiß-Fotografie kann als Gegenpol zur Ablenkung durch Farbe. Es tut sich beispielhaft die Unendlichkeit von Grauwerten zwischen Weiß und Schwarz auf.

Neu ist in der aktuellen Ausstellung Siferlingers Trend zu Abzügen in ungewöhnlichen Formaten. Er zeigt nicht nur die zwangsläufig quadratischen oder leicht beschnittenen Abzüge der Negative, sondern auch schmale Hochformat-Bilder – so eine altertümliche zweizinkige Gabel – oder ein Stück Holz im breiten „Handtuchformat“. So kommen seine „Fundstücke noch konzentrierter zur Geltung. Den Schwung einer Betonbrücke weiß er gekonnt einzufangen, und Gitter und Geländer sind ohnehin bei Schräglicht für den Fotografen impulsauslösend. Selbst eine verblühte Blume zeigt in Schwarz-Weiß ihre Zartheit. Von Siferlinger lernen heißt sehen lernen.

Bis 1. Februar

Die Ausstellung „Prinzip des Weglassens“ von Sepp Siferlinger im „Vivarium“ in Höslwang, Schönbrunner Straße 1, ist geöffnet bis 1. Februar, mittwochs bis samstags von 14 bis 24 Uhr, sonntags von 10 bis 24 Uhr.

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