Kontemplativer Künstler und engagierter Bürger

von Redaktion

Der Rosenheimer Maler Rainer Dillen ist gestorben

Rosenheim – Wer in Rosenheim die kleine Passage vom Max-Josefs-Platz Richtung der Kirche St. Nikolaus geht, kommt an einem kleinen Brunnen vorbei. Auf dem bronzenen Wasserhahn sitzt ein kleiner Vogel mit gespreizten Flügeln und trinkt aus dem Wasserstrahl, der sich in den Steintrog ergießt. Den Vogerlbrunnen, wie er bei den Rosenheimern heißt, hat der jüngst verstorbene Zeichner und Grafiker Rainer Dillen geschaffen.

Eigentlich war Rainer Dillen die künstlerische Begabung in die Wiege gelegt. 1938 kam er in Kolbermoor als Sohn des holländischen Malers Peter Martinus Dillen zur Welt. Der Ururgroßvater seiner Mutter war der Maler Friedrich Olivier, Mitbegründer der Malerkolonie der „Nazarener“ im Rom. Doch zum Künstlertun zeigte Dillen zunächst wenig Neigung; er erlernte den Beruf des Tiefdruckretuscheurs. Erst der Umgang mit Grafik und Drucktechniken ließ bei ihm den Wunsch nach eigener künstlerischer Tätigkeit aufkommen – Ausgangspunkt für seine Entwicklung zum Maler, Zeichner und Grafiker.

Seit 1960 lebte er als freischaffender Künstler in Rosenheim. Zu dieser Zeit stieß er auch zum legendären Rosenheimer Kabarett „Das Bügelbrett“ und begleitete es mit Karikaturen, für die ersten Aufführungen des Theaters Rosenheim schuf er Bühnenbilder.

Überhaupt: Rainer Dillen war kein Künstler, der sich in den Elfenbeinturm der Kunst zurückzog. Als Bürger nahm er engagiert Anteil an der Entwicklung und dem Stadtbild Rosenheims. Er war Gründungsmitglied und auch über mehrere Jahre Vorsitzender des Rosenheimer Forums für Städtebau und Umweltfragen.

Um den lang umstrittenen Architekturwettbewerb für den geplanten Bau der Rosenheimer Stadthalle anzuschubsen, stellte er das Preisgeld zur Verfügung, das mit Kulturförderpreis der Stadt Rosenheim verbunden war, den er 1968 als erster Künstler überhaupt erhielt. Die Stadt würdigte sein künstlerisches Schaffen mit einer großen Retrospektive 1989 in der Städtischen Galerie.

Rainer Dillens Thema war der Mensch in seiner schicksalhaften Geworfenheit und die beseelte Natur. Seine Malerei entwickelte sich ausgehend vom Porträt bis hin zur abstrakten Figuration von Pflanzen- und Menschenbildern und zu poetisch-mythischen Bildwelten jenseits aller Idylle. Es waren leise Werke eines Künstlers, der im Grunde seines Herzens Romantiker war. Für Dillen war Kunst ein ständiges Experiment. Mit dem Kunstbetrieb an sich fremdelte er.

Ein Thema, das ihn als Künstler wie als Mensch sehr beschäftigte, war die Bedrohung der Umwelt. Auch mit Astronomie setzte sich Dillen auseinander. 32 Jahre lang ziert eine von ihm gestaltete Sonnenuhr die Außenwand der Fürstätter Schule. Als 2010 die Schule erweitert wurde, wäre das Kunstwerk um ein Haar abgerissen worden. Bauleute hatten die Kunst am Bau nicht erkannt.

Für Dillen war die Sonnenuhr nicht nur ein Zeitmessgerät, sondern ein Dokument kosmischer Ordnung. Zerstört wurde das Kunstwerk übrigens nicht: Die Sonnenuhr gibt es nach wie vor, allerdings wurde sie für den Anbau eingemauert. Zuvor hat Dillen das Kunstwerk noch akribisch vermessen.

Am Donnerstag vor einer Woche ist Rainer Dillen an den Folgen einer Krebserkrankung in seinem Haus gestorben. Klaus Kuhn

Artikel 11 von 11