Bruckmühl – Seit den späten 1970er-Jahren spüren Mitarbeiter des Volksmusikarchivs den Erscheinungsformen der musikalischen Überlieferungen im Landkreis Rosenheim nach: Tanzformen, Instrumentalmusik, Lieder von Menschen jeden Alters und aller Schichten wurden aufgeschrieben. Der Sitz der persönlichen Musik im Leben der Menschen, im Lebensbrauch ist wichtig. Damit dokumentieren wir etwas, das mit dem Begriffspaar „Mensch und Musik“ bezeichnet wird! Es geht uns nicht nur um die Lieder, Melodien und Bewegungsformen – sondern vor allem um den persönlichen Umgang damit im eigenen Leben. „Mensch und Musik“ ist ein einmaliges Forschungs- und Dokumentationsfeld, das wir beispielsweise auch anhand von Sammelergebnissen aus über 40 Jahren im Landkreis Rosenheim und darüber hinaus erfassen und aufzeigen können – und das in die Zukunft wirkt. Besonders fällt auf, dass es bis in die Gegenwart beträchtliche Unterschiede in der regionalen Musiktradition auf dem Land oder in Städten und Märkten gibt.
Da ist etwa die städtische Salonmusik: In Rosenheim spielte Franz Xaver Berr (1852 bis 1925) um die Jahrhundertwende mit Streichinstrumenten und Flöten, Klarinette und Trompete „Salonmusik“ mit fünf bis 20 Musikern à la München oder Wien – in eigenen Arrangements und Kompositionen, geführt mit der ersten Geige, oft kunstvoll ausgestaltet.
In Kirchdorf am Haunpold haben wir zur gleichen Zeit die ländliche „Streichmusik“, geführt von zwei Klarinetten – ein Klang, den wir aus vielen Tanzmusikhandschriften kennen: Walzer, Polka, Schottisch, teils so zurechtgemacht, dass sie für das ländliche Spiel und Repertoire passen.
Und es gab den humoristischen Liedermacher in der Stadt: Der königlich-bayerische Postadjunkt Michl Kaempfel (1870 bis 1944) widmete seine Freizeit dem geselligen öffentlichen Leben in Rosenheim. Seit 1895 wirkte er als „Lokal-Humorist“, „Verseschmied“ und „Vorträge-Fabrikant“ in Rosenheimer Gaststätten und Bierkellern, so etwa 1899 im Saubräusaal. In diesem Jahr schrieb er auch den Text „So lang die wilde Mangfall sich in den Inn ergießt …“ auf die Melodie eines bekannten Wiener und Münchner Liedes.
Am Mittwoch, 3. Juli, findet um 19 Uhr im Garten beim Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern in Bruckmühl, Krankenhausweg 39, der nächste „Volksmusikalische Sommerabend“ statt; bei Regen in der Realschul-Aula.
An diesem Abend schauen wir besonders auf die ländliche und städtische Musik: Unter der Leitung von Wolfgang Forstner spielen junge Musikanten aus den Notenhandschriften der „alten Kirchdorfer Streichmusik“ von 1892/1893. Und dazwischen singen wir einige Lieder, die Michl Kaempfel auf bekannte Melodien der Zeit getextet hat.
Wir werfen auch einen Blick in die Volksmusikpflege der Landeshauptstadt: „Die Schwanthalerhöh liegt hinterm Hintern von da Bavaria“ sagen sie vom Münchner Ortsteil, aus dem sie stammen: Seit über 30 Jahren singt der „Schwanthalerhöher Dreigsang“ überlieferte und neu entstandene Volkslieder. Eine schnelle namentliche Anmeldung unbedingt notwendig (Telefon 08062/5164).