Die neue CD aus dem Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern mit dem Titel „Da Oaschichtige“ enthält überlieferte Lieder aus der Zeit um 1920, die der Kiem Pauli (1882 bis 1960) vornehmlich bei seinen Sammelfahrten von 1925 bis 1930 aufgeschrieben und im Jahr 1934 in seiner umfassenden „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“ veröffentlicht hat. Ausgewählt sind erzählende Lieder über Menschengeschichten und Lebensumstände.
Da geht es um die Schilderung von elementaren Dingen des Menschseins in allen möglichen Facetten und Widersprüchen, wie die dörfliche Enge, Geborgenheit oder Ausgrenzung, um Überwachung und Freiheit, Alleinsein und Gemeinschaft, um gegenseitige Unterdrückung und Brutalität in der Ehe – aber auch um Freude und Liebe, Alltag, Zufriedenheit und Glück im einfachen Leben. Dazu erklingen alte Hochzeitslandler und Tanzmusik aus dem Berchtesgadener Land, neu aufgenommen vom Volksmusikarchiv mit Musikanten um Siegi Stocker aus Maria Gern.
Der Bezirk Oberbayern hat seit 2002 bereits zehn CDs aus der Sammlung von Kiem Pauli veröffentlicht. Sie enthalten Lieder über Leben und Arbeit der Bauern, Dienstboten und Häusler (1); Lieder über Leben, Arbeit, Liebe und Begegnungen auf der Alm (2); Totengedächtnislieder (3); Lieder über Handwerk und Handel, Berufe, Arbeiten und deren Ansehen (4); Lieder über den Kampf zwischen Wildschützen und Jägern im Wald (5); Lieder zum Advent und in der Weihnachtszeit (6); Lieder über Zöllner und Schmuggler, Richter, Räuber und Gendarmen (7); Lieder über Liebe, Fensterln und Neckereien zwischen den Geschlechtern (8), sowie Lieder über das Jagen, Jäger, Sennerinnen und Schützen (9) und über Ereignisse und Zustände im Krieg und Frieden (10). Damit arbeitet der Bezirk Oberbayern an der größten Tondokumentation einer Liedersammlung des frühen 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum.
„Nehmen wir diese Gesänge unserer Vorfahren zum Anlass, auch über unsere heutige Gesellschaft, unser Zusammenleben und unsere Lebensweise nachzudenken“, so schreibt Bezirkstagspräsident Josef Mederer in seinem Vorwort zur neuen CD.
Auf der CD sind 14 erzählende Lieder enthalten, die heute großteils nicht mehr bekannt sind: Der Auer Hansl aus Hammerau ist zu hören mit der „Geschichte vom Stier“, der Probleme beim Grenzübertritt von Salzburg nach Bayern verursachte. Im „Hennalied“ erzählt in einer Aufnahme von 1991 Hans Sulzberger aus Bruckmühl, begleitet von Marga Weber an der Zither, über ein besonderes menschliches Federvieh. Und auch der „Hennastock-Hiasl“ oder die Geschichte von „Luthers Ehestand“ gehen auf Auzeichnungen vom Kiem Pauli aus Ruhpolding 1927 zurück. Mit der „Fahrt nach Kufstoa“ erinnert Toni Forster aus Au bei Bad Aibling an den „Schlemmer Vata vom Eckertsberg“, der dem Kiem Pauli im Jahr 1928 viele Lieder vorgesungen hatte. Auch Michaela und Markus Schmid aus Kiefersfelden oder Sepp Linhuber aus Eggstätt sind dabei.
Die neue CD aus der Reihe „Dokumente regionaler Musikkultur in Oberbayern“ ist für zehn Euro (zuzüglich Postversand) im Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern, Krankenhausweg 39, 83052 Bruckmühl, E-Mail: volksmusikarchiv@bezirk-oberbayern.de) erhältlich.