Die Knoten des Lebens in Jubel verwandelt

von Redaktion

Der Ludwig-Thoma-Chor aus Prien präsentiert die Herrenchiemsee-Kantate in Stephanskirchen

Bad Endorf – Trotz der hochsommerlichen Temperaturen war die St. Rupertus-Kirche in Stephanskirchen bei Hemhof in offensichtlicher Erwartung eines außergewöhnlichen Konzerts voll besetzt.

Im Rahmen des „Musiksommer zwischen Salzach und Inn“ und in Zusammenarbeit mit dem Verein „Freunde von Herrenchiemsee“ war Sebastian Weyerer und sein Ludwig-Thoma-Chor aus Prien verantwortlich für das spannend-kontrastreiche Programm, dessen Höhepunkt eine Auftragskomposition aus Herrenchiemsee an Johann Michael Haydn von 1797 war. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte fünfsätzige Kantate, die in nicht enden wollendem, überschwänglichem Melodienreichtum dem neu inthronisierten letzten Fürstbischof des Bistums Chiemsee huldigt.

Die vielen originellen kompositorischen Einfälle, etwa das fast übermütig heraushörbare „Solo“ von Cello, Kontrabass und Fagott in den allerletzten Takten, die raffinierten Harmonien und die sehr variabel gestaltete Dynamik machen das Werk zur wohl bedeutendsten der acht „Applausus“-Kantaten von Johann Michael Haydn.

Ganz klar

und transparent

Das „Instrumental-Ensemble Chiemsee“ spielte mit großem Engagement, ganz klar und transparent im Klang und insgesamt auf hohem technischem Niveau. Man spürte, wie sensibel das Ensemble auf Tempo- und Lautstärke-Nuancierungen durch den Dirigenten reagierte und auch die Balance zum Chor wohl beachtete.

Wesentlichen Anteil an dem eindrucksvollen Klangerlebnis hatten die beiden Solisten, die Sopranistin Agnes Preis und der Bariton Thomas Schütz. Hubert Huber an der Orgel hatte sich zunächst mit kleinen Vorspielen als „Ton angebend“ für den Chor zurückgehalten, bekam aber vor der großen Kantate Gelegenheit, sein frappierendes Können in Mozarts Kirchensonate, KV 336 unter Beweis zu stellen. Sein Spiel strahlt eine unaufgeregte Ruhe und absolute rhythmische Präzision aus und lässt in traumwandlerischer Sicherheit und Leichtigkeit die Mozart’schen Kapriolen und Kadenzen fontänengleich aufblitzen.

Der Chor hatte insofern eine dankbare Aufgabe, als er neben den beiden Rahmensätzen der klassischen Kantate auch noch zwei Eigenkompositionen von Sebastian Weyerer präsentieren konnte. Weyerers Kompositionsprinzip basiert auf der Spannung zwischen dissonant verwobenen Linien, die er sich, dem Chor und dem Publikum zumutet, und strahlenden Klängen, in denen sich die Knoten des Lebens lösend in Jubel verwandeln.

Außerdem spürt Weyerer intensiv den Inhalten seiner vertonten Texte nach und setzt sie in Klangbilder um, etwa, wenn in seinem Alleluja von den „leuchtenden Sternen“ die Rede ist.

So zeigte sich der Chor als ein durchaus stimmgewaltiger, aber auch differenzierungsfähiger Klangkörper, der das „Ehre sei dem Vater“ am Ende des Alleluja mit tänzerischer Leichtigkeit, den fugalen Abschluss des Kantaten-Chores mit rhythmischer Präzision und manche Schlussakkorde in strahlendem Fortissimo ins gotische Gewölbe der Stephanskirchener Kirche entließ und den begeisterten Zuhörern zu Füßen – oder besser: ans Herz – legte. Das Publikum reagierte mit lang anhaltendem Beifall und bekam zum Dank noch einmal den Schlusschor der Kantate als Zugabe.Rudolph Auer

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