In der Welt des offenen Kunstwerks

von Redaktion

Münchner Künstler-Duo „Layer Cake“ stellt beim Rosenheimer Kunstverein aus

Rosenheim – Junge Künstler mit Wurzeln in der Müncher Graffiti-Szene? So wirken die Arbeiten des Künstlerduos „Layer Cake“, die der Rosenheimer Kunstverein unter dem Titel „Welcome to Porky’s“ ausstellt, dann doch nicht. Abstrakte Bilder auf gerahmter Leinwand, grafische Elemente, dynamische Pinselstriche mit kräftigen Farben samt Farbverläufen, harte Schnitte, die Ausschnitte definieren, partielle Übermalungen, eine kubistisch anmutende Bildgliederung, kalligrafische Strukturen und Schriftzüge – nach Sprayerkunst auf Häuserwänden schaut das überhaupt nicht aus.

Doch für Patrick Hartl und Christian Hundertmark ist nicht der Maluntergrund ausschlaggebend. Sie bemalen Mauern ebenso wie Leinwände, Autos oder Motorräder. Wichtig ist vielmehr der Entstehungsprozess ihrer Kunst – und der verweist zurück auf ihre Vergangenheit als Münchner Graffiti-Veteranen.

Beim Besprühen von Mauern und S-Bahnen lernten sich die beiden Anfang der 90er-Jahre kennen. Ihre künstlerischen Wege trennten sich allerdings, bis sie sich 2015 als „Layer Cake“ wieder zusammenfanden. Der Name – zu Deutsch „Schichttorte“ – ist bei der Entstehung der Kunstwerke Programm. „Layer Cake“ malen auf Leinwandrollen von zehn Metern Länge. Während Hundertmark abstrakt-grafisch und mit collageartigen Elementen arbeitet, steuert Hartl Schriftzüge, Kalligrafisches und Graffiti-Tags bei. Einen Werkplan oder Vorzeichnungen gibt es nicht. Es wird einfach losgelegt. Jeder darf dabei ohne vorherige Absprache in den Werkprozess eingreifen, Dinge verändern, übermalen und ergänzen.

Diese spontanen Reaktionen sind eine Reminiszenz an die alten Tage als Graffiti-Sprayer. Es entstehen offene Kunstwerke als Ergebnis von etlichen Überlagererungen und Durchdringungen von Schrift, Flächen und Linien. Intensive Farbkontraste schaffen räumliche Tiefe.

„Der einzelne Beteiligte gibt die Kontrolle über den Werkentstehungsprozess in dem Moment auf, in dem er die Leinwand dem anderen überlässt – mit ungewissem Ausgang“, so der Kurator der Ausstellung, Dr. Helmut Klarner. Wie viele Arbeitsschritte notwendig sind, ist nicht festgelegt – einer der beiden entscheidet schließlich, dass das Werk nun fertig ist – eine künstlerische Momentaufnahme, die zu einem späteren Zeitpunkt aber auch wieder neu angefasst werden kann.

Klarner zieht für diese Vorgehensweise eine Parallele zur Kunst der Renaissance. Im 15. und 16. Jahrhundert entstanden malerische Arbeiten in Werkstätten, in denen Hilfskräfte und junge Maler erfahrenen Künstlern zuarbeiteten oder aber deren Kunstwerke reproduzierten. Dass der Künstler die Kontrolle über sein Kunstwerk abgibt, widerspricht der heute vorherrschenden Idee von der Einzigartigkeit und dem Genie des Künstlers, entstanden im 18. Jahrhundert.

Auf die vielen Schichten dieser Kunst – sowohl materialbedingte wie ästhetische – bezieht sich auch der Name des Künstlerduos „Layer Cake“. Doch es gibt noch eine zweite Bezugsebene: „Layer Cake“ ist auch der Titel eines britischen Gangsterfilms aus dem Jahr 2005 mit Daniel Craig in seiner ersten Hauptrolle. Und noch eine Volte hat das Duo geschlagen: Die Kunstwerke in der Rosenheimer Ausstellung sind sämtlich nach Figuren aus den Filmen „Layer Cake“ und „Snatch“, einem weiteren britischen Gangsterfilm, benannt.

In der Klepperstraße sind 25 eigens für die Schau geschaffene Leinwände zu sehen. Zwei weitere Arbeiten – großformatige Wandgemäde, sogenannten Murals, die auch nach der Ausstellung dauerhaft erhalten bleiben – findet man in den Posthöfen. Die beiden Bilder sind im Aufgang Bahnhofstraße 21 (Fitness-Studio, Erdgeschoss) und Bahnhofstraße 21-23 (Schön Klinik, erstes Obergeschoss) zu finden.

Bis 28. Juli

Die Ausstellung „Welcome to Porky’s“ von „Layer Cake“ ist zu sehen bis 28. Juli beim Kunstverein Rosenheim, Klepperstraße 19, Donnerstag bis Samstag von 14 bis 17.30 Uhr sowie Sonntag, 11 bis 17.30 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

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