Frauenkörper und Landschaften

von Redaktion

Galerie Markt Bruckmühl widmet sich der verstorbenen Künstlerin Charlotte Dietrich

Bruckmühl – Die Galerie Markt Bruckmühl zeigt noch bis 6. Oktober die Präsentation einer außergewöhnlichen Künstlerin und viel beachteten Persönlichkeit: Das umfassende Werk von Charlotte Dietrich, geboren 1935 in Schliersee, gestorben 2017, wird auf den drei Ebenen des Hauses ausgestellt. Zwei Themen beherrschen das Werk: der menschliche, meist weibliche Körper, und Landschaften.

Frauengestalten

voller Geheimnisse

Dietrichs Gestalten tragen ihr Geheimnis an der Oberfläche. Es sind Menschen, denen das Leben sichtbar mitgespielt hat – niedergeschlagen, vor der Zeit gealtert, alles andere als schön. Ihre Akte zeigen vom Leben gezeichnete Frauenkörper, die die Künstlerin bewusst der seelenlosen Schönheit in Hochglanzmagazinen gegenüberstellt. Ein Beispiel für das zentrale Thema der Aktmalerei ist der Torso „Schreitende“ aus dem Jahr 1996, mit Erde und Asche auf Nessel gestaltet. Das Bild hat wegen seiner starken Aussagekraft einen separaten Platz in einem kleinen Raum der Galerie erhalten.

Zeichnen heißt „Zeichen setzen“, Zeichen, deren Bedeutung über Dauer hinweg verstanden werden kann. Dass Charlotte Dietrich dies unerschrocken tat, davon zeugen die Exponate, deren Bogen sich vom Jahr 1959 bis in ihr Todesjahr 2017 spannt.

Die frühen Bilder deuten den künstlerischen Weg bereits an: ernste, nachdenkliche, oftmals von einer nicht zu definierenden Trauer geprägte Gesichter in der Technik der Monotypie. Das „Porträt einer Dame“ aus dem Jahr 1986 als Kohlezeichnung zeigt ein Gesicht, fast verborgen unter einer Anzahl wild kreisender Linien, und manchmal bricht eine Linie aus der Form heraus wie die zerrissene Saite eines Musikinstrumentes.

Gerne arbeitete Charlotte Dietrich in Serien: „Erdweibchen“, „Blind Lines“, „92 Tode“, „Aus der Zeitung“ und weitere. Als „Erdweibchen“ hängt im Neunerblock eine Folge von übermalten Postkarten, schutzlos wirkende Frauenkörper in unterschiedlichen Varianten mit Tusche, Acryl und Marker gemalt. Unter der Übermalung befindet sich die Fotografie eines bereits viel früher mit Erden und Pigmenten von Dietrich gemalten Frauenkörpers.

In der Serie „92 Tode“ denkt die Künstlerin über Emotionen nach, die zum Tode führen können – buchstäblich oder im übertragenen Sinne. Sie hat fotografische Selbstporträts bis zur Unkenntlichkeit übermalt und symbolisiert, dass starke Gefühle das Erscheinungsbild eines Menschen gravierend verändern können. Mit schwarzem Faserstift und wenig Farbe auf Endlospapier hat Charlotte Dietrich die „Blind Lines“ gezeichnet. Bei diesem Vorgang schaut die Künstlerin unentwegt auf das Gegenüber, nicht auf das Papier.

Vom sozialen und politischen Engagement Dietrichs sprechen auch die Arbeiten mit dem Titel „Dem Ziel nah, Balkanroute“. Bereits sehr früh in ihrem künstlerischen Schaffen hat sich die Zeichnerin dem Gestalten mit dem Computer zugewandt. Zahlreiche Werke bezeugen, dass sie mit diesem Medium souverän umzugehen verstand.

Reizvoll ist der Kontrast zu den Arbeiten ihrer Vorfahren, zum Teil ebenfalls angesehene Maler, wie Carl und Eduard Dietrich. Die Ausstellung widmet diesem Thema einen Raum voller stattlicher Ölgemälde aus dem 19. Jahrhundert, Porträts der väterlichen und mütterlichen Vorfahren.

Eine Künstlerin, die Spuren hinterlässt

Dietrich war in vielen Gremien eine geschätzte Beraterin. Besonders erwähnt werden sollte ihre Mitarbeit in der „Stiftung Kunstfonds zur Förderung der Zeitgenössischen Bildenden Kunst“ in Bonn. Im Kunstverein Rosenheim gehörte sie viele Jahre der Jury an. Für die Galerie Markt Bruckmühl war sie 23 Jahre als künstlerische Beirätin tätig. Als Künstlerin hinterließ sie europaweit ihre Spuren, auch in Kairo wurden ihre Arbeiten ausgestellt.

Bis 6. Oktober

Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 6. Oktober in der Galerie Markt Bruckmühl, Mittwoch von 14 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.

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