Verschreibung im Ortsnamen

von Redaktion

Verschreibung? Da werden sicherlich alle Apotheker hellhörig. Aber in der Toponomastik, der Ortsnamenkunde, bedeutet Verschreibung schlicht und einfach die falsche Schreibung eines Ortsnamens. Der Ortsnamenforscher Dr. Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein äußerte unlängst die Ansicht, falsche Schreibungen dürfen aus wissenschaftlichen Gründen bei der Aufzählung der Schreibbelege von einzelnen Orten nicht übergangen und weggelassen werden.

Mit falschen Schreibungen gerieten neulich Ellmosen, der nördliche Stadtteil von Bad Aibling, und auch Feldkirchen-Westerham ins Blickfeld. So wunderte sich ein Autofahrer über die Schreibweise „Ellmoosen“ auf einem der Verkehrsschilder, die er täglich sieht. Im „Mangfall-Boten“ vom 12. September merkt er an, tatsächlich finde sich die Schreibung „Ellmoosen“ auf Landkarten der 1980er-Jahre. Sollte man daher nicht zur Schreibung mit Doppel-o zurückkehren? Wenn man aber auf den Erstbeleg von Ellmosen als „Olemos“ (um 1300) zurückblickt, spricht das für die aktuelle Schreibweise mit einfachem o. Aber es ginge sogar noch kürzer: In der Feuerstättenbeschreibung von 1554 steht „Elmosen“.

Feldkirchen-Westerham ist im Zusammenhang mit dem Ort Percha in die Schlagzeilen geraten. Unter dem Ortsnamen Percha steht auf dem Ortsschild: „Gde. Feldkirchen-Westham“! Ein Westham gibt es im westlichsten Teil des Landkreises Rosenheim allerdings nicht! Im Zeitungsbericht „Ein Ortsschild zum Schmunzeln“ vom 14. Oktober wird vermutet, die Herstellung des Ortsschildes sei vielleicht europaweit ausgeschrieben gewesen und eine Firma im Londoner Stadtteil Westham habe die zwei Buchstaben „er“ deswegen weggelassen. Das überzeugt aber nicht ganz:

Denn in diesem Falle hieße es nicht Westham, sondern West Ham! Ältere Fußball-Fans wissen hierzu mehr, wenn sie an das (leider verlorene) Europapokal-der-Endspiel des TSV 1860 München gegen West Ham United aus dem Jahre 1965 denken.

Auch wenn es allenthalben Mode geworden ist, ganze Silben zu verschlucken („das könn Sie finn wie Sie wolln“), plädieren wir weiterhin für West-er-ham; schließlich heißt auch der Erstbeleg von 1155/86 „Westerhaim“.

Wir können aber im Allgemeinen Entwarnung wegen Verschreibungen im Ortsnamen geben: Nur in ganz seltenen Fällen haben sich Verschreibungen durchgesetzt. So wurde Aibling eben nicht zu „Weibilinga“, wie es einmal in einer Handschrift im 9./10. Jahrhundert heißt; Ober- und Unterwertach wurde über die Verschreibung „Wetahe“ nicht zu Weetach. Hier hat man gut aufgepasst. Das im Schwäbischen noch vorhandene (siehe Inningen), im Bairischen aber generell abgeworfene „en“ bei der Endung der -ing-Orte (siehe Altofing), ist natürlich keine Verschreibung, sondern ein Lautwandel.

Aber wie soll in grenzwertigen Fällen wie Hausstatt oder Hausstätt entschieden werden? Liegt hier die Stätte eines Hauses oder eine Haustätte zum (Holz-)Hauen zugrunde? Und der Bach- und Ortsname Jenbach? Ein Schreiber hatte hier ein ursprüngliches i als j geschrieben, was später zur falschen Aussprache „Jenbach“ führte, wohingegen die Einheimischen noch immer „ea(n)boch“ sagen, was auf dem eigentlich korrekten „ienbach basiert. Was bliebe hier zu tun? Armin Höfer

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