Musikalische Pilgerfahrt zum grünen Hügel

von Redaktion

Begeisterndes Konzert des Edlinger Madrigalchors „Concenti musicali“ in Kirchreit

Soyen – Ungewohnt die endlose Reihe der Fahrzeuge, die am grünen Hügel entlang der Auffahrt zum schmucken Gotteshaus von Kirchreit parkten. Das Konzert von „Concenti musicali“ unter der Leitung des unermüdlich engagierten Peter Adler war sichtbar ausverkauft!

Originales
Klangbild

Die Musik des 17. Jahrhunderts, der Zeit also vor Johann Sebastian Bach, benötigt besondere Instrumente, die uns ein originales Klangbild vermitteln sollen. Zu diesem Behufe hatte der Maestro Schweizer Spezialisten für Alte Musik eingeflogen, allen voran die phänomenale Sopranistin Mirjam Striegel. Sie hatte den Löwenanteil des Programms zu bewältigen. Ihre strahlende Stimme ist biegsam und doch fest. Feinster Ansatz und Fehlen auch nur einer Andeutung von Schärfe selbst in gefährlicher Höhe sind bei ihr Standard – Mirjam Striegel ein Stargast!

Die Basler Instrumentalisten waren Katharina Haun (Zink, Blockflöte), Organist Christoph Anzböck und die Herren mit Alt-, Tenor- und Bassposaune: Hans Demberger, Fritz Rauschmayer und Uli Jung.

Alles kam zusammen, um dem Publikum ein anspruchsvolles Wohlfühlprogramm auf hohem Niveau zu bereiten: Das herbstlich warme Wetter, die Auffahrt mit weitem Bergblick, der intime und geradezu charmante Sakralraum und – nicht zuletzt – der bestens motivierte Chor, diese trotz glanzvoller Solisten stets unverzichtbare Basis!

Zwei weitere Pluspunkte: Konzertdauer eine gute Stunde; eine Zeitspanne, die man unbeschadet in historischen Kirchenbänken überstehen kann. Und schließlich ein fein austariertes Programm, dessen kurze Einzelstücke sich nicht einfach zur Summe addieren, sondern durch unterschiedliche Besetzung, Duktus und Gestik sich zu einem abwechslungsreichen Ganzen fügen.

Musikalische
Schatzkiste

Fünfmal erklang Peter Adlers „Hausgott“ Abraham Megerle (der gebürtige Wasserburger!), die restlichen Komponisten sind für uns Heutige Unbekannte, aber keineswegs Flops! Im Gegenteil, Peter Adler schöpft aus dem 17. Jahrhundert wie aus einer Schatzkiste, aber das Gold hat Seele!

Den Beginn bestritt der große, musikgeschichtlich relevante Tomas Luis de Victoria, der älteste unter den aufgeführten Meistern, der schon 1611 gestorben ist, mit seinem berühmten „Ave Maria“. Die klare Reinheit der homogenen Chorstimmen tauchte die Zuhörer vom ersten Ton in diese betörende Klangwelt, die Peter Adler als Musikwissenschaftler, Herausgeber und Dirigent nun schon seit vielen Jahren in dieser Region präsent erhält.

Ein paar Stichproben: In „Duo Seraphim“ von Henry du Mont, nur für Solosopran, Zink und Orgel, zelebrierten Sängerin Mirjam Striegel und Katharina Haun mit dem warm und geschmeidig tönenden Zink ein millimetergenaues Wechselspiel. Ähnlich feingeschmiedet die kurzen Stücke eines Jan Baptist Verrijt oder das zerknirschte Sündeneingeständnis „Peccavi super numerum“ von Giovanni Priuli.

Abraham Megerles frühestem Werk, den „Vesperae Dominicales“ (1635), gaben die drei Posaunen sonoren Glanz. Solosopran und Chor alternierend – da wurde die frühbarocke Lust an sakraler Theatralik lebendig! Die Männerstimmen, chronisch Mangelware, überzeugten durch Wendigkeit und standfestem Ton.

Abschließend erklang Abraham Megerles „Salve Regina“, ein Spätwerk aus dem Jahr 1679, das nach Peter Adlers begeisterten Worten schon ins 18. Jahrhundert, in die Zeit melodiöser Klassik, weist… Der Organist, der ja eine dienende Rolle zu spielen hatte, war in dezenter Weise immer auf dem Sprung.

Nach Megerles „Salve Regina“ gab es trotz heftigen Beifalls keine Zugabe mehr, die ja auch die kluge Dramaturgie des Abends aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Kirchreit auf dem grünen Hügel ist eine kleine Pilgerreise wert.

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